Das Problem Anacamptis palustris

Bestimmungsanfragen für europäische Wildpflanzen.
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Kraichgauer
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Das Problem Anacamptis palustris

Beitrag von Kraichgauer »

Hallo zusammen,

Anacamptis palustris ist bekanntlich in Deutschland kaum noch existent, so dass es ein Problem ist, vernünftiges Vergleichsmaterial zu bekommen. Allerdings wird sie gelegentlich auch angesalbt.
In der Vorderpfalz gibt es seit den 2000er Jahren eine Kolonie bei Hanhofen, die sicherlich angesalbt wurde. Weil die Exemplare dort sehr groß und hübsch sind und in der kurzgemähten Sumpfwiese schön freigestellt, habe ich sie als Bildvorlage für die FG genommen. Allerdings gab es anschließend Stimmen, die an der Authentizität der Pfälzer Populationen zweifelten und meinten, das könne auch was Anderes aus der Gruppe sein. Ich hatte mich mangels Detailkenntnis nicht weiter mit dem Problem beschäftigt. Es gibt definitiv authentische, altbekannte Populationen in der badischen Rheinebene, die aber beide äußerst bedroht sind, und da mag man nicht einfach hingehen, und meine eigenen Photos sind unterirdisch schlechte, uralte Analogphotos.

Nachdem ich mir allerdings Anacamptis palustris an einer ebenfalls altbekannten Stelle bei Aseleben (ST) am Süßen See angeschaut habe, kommen mir ebenfalls "Zweifel an den Pfälzern" - die sehen schon sehr anders aus.
Neben der allgemeinen Blütenfarbe gibt es auch Unterschiede in der Form und Fleckung der Lippe sowie der Form des Sporns (länger und spitzer bei den Pfälzern).

Ich denke, man sollte dem Problem mal auf den Grund gehen. Orchideenspezialisten sind gefragt! Was könnte die Pfälzer Population sein? (evtl. laxiflora?) Und ist die anhaltinische typisch? Oder fällt das alles unter "Variabilität"? Oder sind diese Populationen so lange über große Distanzen isoliert, dass jede bereits etwas anders aussieht?

Danke, Michael
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Anacamptis palustris y Geinsheim-Hanhofen G6_RGB.jpg
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Kraichgauer
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Re: Das Problem Anacamptis palustris

Beitrag von Kraichgauer »

Ein älteres Photo vom Neusiedler See von Thomas Muer habe ich auch noch, das sieht eher nach den anhaltinischen aus. Gruß Michael
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Anacamptis palustris y O-Ö Podersdorf a.Neusiedl.See 6.6.87.jpg
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Garibaldi
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Re: Das Problem Anacamptis palustris

Beitrag von Garibaldi »

In Brandenburg gibt es Populationen auf einigen Salzwiesen, hier aus dem Landkreis Potsdam-Mittelmark.
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botanix
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Re: Das Problem Anacamptis palustris

Beitrag von botanix »

Hallo Michael,

Selbst habe ich nur die Population am Süßen See gesehen. Die fraglichen Pflanzen wirken etwas anders. In verschiedenen Orchideenbüchern liest man von in Mitteleuropa recht einheitlichen Pflanzen, nach Osten hin aber variabler werdend.
Wenns eine angesalbte Population ist, könnten es auch östliche Typen sein. Die Fotos von laxiflora im www wirken wieder anders.
Was meint denn der AHO RLP dazu?
Wie dröseln Delforge, Kreutz, Griebl/Presser und andere Autoren die Gruppe in Europa auf? Mir fehlt da neuere Literatur.

Gruß
Peter

PS: ob Uwe im Land ist? Noch ist Orchideenreisezeit ;-)
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Kraichgauer
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Re: Das Problem Anacamptis palustris

Beitrag von Kraichgauer »

Ich vertraue da in der Regel Horst Kretzschmar, der hatte einen sehr vernünftigen taxonomischen Ansatz. In seiner letzten Auflage des Deutschland-Führers von 2018 sind sowohl helle als auch dunkle Exemplare abgebildet, die das oben abgebildete Variationsspektrum umfassen. Er schreibt "hier [in D] nur Blütengröße und Farbe der Blüten variabel." Die Seitenlappen können nach oben (Vorderpfalz) oder zur Seite (Anhalt) gerichtet sein.

Insofern denke ich, das oben fällt alles zwanglos in die Variabilität der Art. Aber ich wollte das Thema einfach nochmal auf den Tisch bringen.
Laxiflora hätte eine schafsnasenähnliche Lippe und viel tiefer rotviolette Blüten. Die habe ich am Mittelmeer schon oft gesehen.

Gruß Michael
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