Konservierung von Rubus canescens
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Konservierung von Rubus canescens
Hallo zusammen,
unser (Rubus-Arbeitsgruppe) Antrag auf Rettung des Namens Rubus canescens ist gerade von Taxon publiziert worden: http://doi.org/10.1002/tax.13272. Das sollte hoffentlich durchgehen.
Bei dieser Gelegenheit auch der Hinweis, dass wir im Rubus-Kapitel im Band 3 der FG (S. 363) übersehen hatten, dass Rubus parviflorus Nutt. bereits 2023 vom zuständigen Komitee gegen Rubus nutkanus Moc. ex Ser. konserviert worden war. Die Art heißt daher wieder Rubus parviflorus.
Gruß Michael
unser (Rubus-Arbeitsgruppe) Antrag auf Rettung des Namens Rubus canescens ist gerade von Taxon publiziert worden: http://doi.org/10.1002/tax.13272. Das sollte hoffentlich durchgehen.
Bei dieser Gelegenheit auch der Hinweis, dass wir im Rubus-Kapitel im Band 3 der FG (S. 363) übersehen hatten, dass Rubus parviflorus Nutt. bereits 2023 vom zuständigen Komitee gegen Rubus nutkanus Moc. ex Ser. konserviert worden war. Die Art heißt daher wieder Rubus parviflorus.
Gruß Michael
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Re: Konservierung von Rubus canescens
Hallo,
ich habe neugierig nachgeschaut; IPNI, WFO, POWO und Tropicos führen unisono Catalogus Plantarum Horti Botanici Monspeliensis von 1813 als Ursprung an. Dann stellte ich fest, dass Art. 36.1. ICN einer von den verschwurbelten ist, für die man einen Anwalt bräuchte. Na gut, es sind zum Glück allerhand Beispiele genannt. Und zum Schluss habe ich ewig gegrübelt, wo der Haken an de Candolles Beschreibung ist. Bis ich oben auf der Seite die Stoßseufzer las. Beste Grüße,
Andreas
ich habe neugierig nachgeschaut; IPNI, WFO, POWO und Tropicos führen unisono Catalogus Plantarum Horti Botanici Monspeliensis von 1813 als Ursprung an. Dann stellte ich fest, dass Art. 36.1. ICN einer von den verschwurbelten ist, für die man einen Anwalt bräuchte. Na gut, es sind zum Glück allerhand Beispiele genannt. Und zum Schluss habe ich ewig gegrübelt, wo der Haken an de Candolles Beschreibung ist. Bis ich oben auf der Seite die Stoßseufzer las. Beste Grüße,
Andreas
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Re: Konservierung von Rubus canescens
Ob 1813 oder 1815 gültig ist, ist eigentlich sekundär und nicht kriegsentscheidend.
Eigentlich war canescens DC. ein ziemlich unstrittiger Name, bis Bram van de Beek und Domina das Elend mit aetnicus begonnen haben und auf die Idee gekommen sind, dass am Locus typicus von canescens "Hybriden" herumstehen würden. Das hat sich aber später als Fiktion erwiesen.
Das Ganze ist allerdings ein überaus lehrreiches Beispiel für Abgründe der fortgeschrittenen Taxonomie, in dem mehrere ungewöhnliche Fälle (Epitypen etc.) auftreten, denen man nicht alle Tage begegnet. Auch der Absatz über Rubus argenteus C. C. Gmel. wäre eine Grundlage für ein ganzes Seminar über Taxonomie und den Code (das hat Michal Sochor toll gemacht).
Die unangenehme Überraschung und Lern-Erkenntnis in der ganzen Affäre war, dass ein Epitypus leicht zu definieren, aber überaus schwierig wieder aus der Welt zu schaffen ist. Das ist viel schwieriger als bei Lectotypen, bei denen man "einfach" einen neuen definieren kann.
Gruß Michael
Eigentlich war canescens DC. ein ziemlich unstrittiger Name, bis Bram van de Beek und Domina das Elend mit aetnicus begonnen haben und auf die Idee gekommen sind, dass am Locus typicus von canescens "Hybriden" herumstehen würden. Das hat sich aber später als Fiktion erwiesen.
Das Ganze ist allerdings ein überaus lehrreiches Beispiel für Abgründe der fortgeschrittenen Taxonomie, in dem mehrere ungewöhnliche Fälle (Epitypen etc.) auftreten, denen man nicht alle Tage begegnet. Auch der Absatz über Rubus argenteus C. C. Gmel. wäre eine Grundlage für ein ganzes Seminar über Taxonomie und den Code (das hat Michal Sochor toll gemacht).
Die unangenehme Überraschung und Lern-Erkenntnis in der ganzen Affäre war, dass ein Epitypus leicht zu definieren, aber überaus schwierig wieder aus der Welt zu schaffen ist. Das ist viel schwieriger als bei Lectotypen, bei denen man "einfach" einen neuen definieren kann.
Gruß Michael
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Re: Konservierung von Rubus canescens
Hallo Michael,
ohne das Thema auszuwalzen, auch von mir ein Seufzer: Oft ist es eben doch ein Kriegsschauplatz, auf dem manche Persönlichkeiten ein solch massives Ego haben, das sogar die Erdrotation in Unwucht kommt.
Beste Grüße,
Andreas
ohne das Thema auszuwalzen, auch von mir ein Seufzer: Oft ist es eben doch ein Kriegsschauplatz, auf dem manche Persönlichkeiten ein solch massives Ego haben, das sogar die Erdrotation in Unwucht kommt.
Beste Grüße,
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Re: Konservierung von Rubus canescens
In diesem Fall sind es eher die gefährlichen alten Schubladen in Museen. Ein guter Freund von mir (Käferspezialist Achim Rheinheimer) kam mal aus Schweden zurück und berichtete, er hätte dort eine solche alte Schublade gefunden, wenn er die gründlicher untersucht hätte, wäre die Käfernomenklatur in halb Europa in die oben erwähnte Unwucht gekommen. Er hat dann alles ganz schnell wieder zugemacht und gehofft, dass wie die Bundeslade bei Indiana Jones alles im großen Lager verschwindet.
Im vorliegenden Fall ging es gar nicht so sehr um das Ego. Da hatten sich Bram van de Beek, den ich persönlich außerordentlich schätze, und David Mercier vorgenommen, für alle Rubi Europas jeweils wirklich die ältesten Namen zu finden, und alle alten Typen in Museen zu flöhen, damit die Nomenklatur endlich stabil wird. Das ist eine löbliche Heidenarbeit und weitgehend abgeschlossen. Aber in einigen Fällen, so wie bei canescens, sind sie halt deutlich über das Ziel hinausgeschossen, und eine Konservierung gleich von vorneherein (oder die Deklarierung von "aetnicus" als nomen dubium) wäre viel sinnvoller gewesen.
Auf der anderen Seite ist bei diesen Aktionen die (durchaus sinnvolle) Reaktivierung vieler alter Namen von P.J.Müller und gleichzeitig dessen Rehabilitierung als Batologe herausgekommen. Näheres dazu im Rubus-Kapitel der FG Band III.
P. S. Sehen wir uns bei der GEFD-Tagung in Halle am Wochenende?
Gruß Michael
Im vorliegenden Fall ging es gar nicht so sehr um das Ego. Da hatten sich Bram van de Beek, den ich persönlich außerordentlich schätze, und David Mercier vorgenommen, für alle Rubi Europas jeweils wirklich die ältesten Namen zu finden, und alle alten Typen in Museen zu flöhen, damit die Nomenklatur endlich stabil wird. Das ist eine löbliche Heidenarbeit und weitgehend abgeschlossen. Aber in einigen Fällen, so wie bei canescens, sind sie halt deutlich über das Ziel hinausgeschossen, und eine Konservierung gleich von vorneherein (oder die Deklarierung von "aetnicus" als nomen dubium) wäre viel sinnvoller gewesen.
Auf der anderen Seite ist bei diesen Aktionen die (durchaus sinnvolle) Reaktivierung vieler alter Namen von P.J.Müller und gleichzeitig dessen Rehabilitierung als Batologe herausgekommen. Näheres dazu im Rubus-Kapitel der FG Band III.
P. S. Sehen wir uns bei der GEFD-Tagung in Halle am Wochenende?
Gruß Michael
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Re: Konservierung von Rubus canescens
Ich habe oben persönliche Grummelei ausgelebt; gehört nicht hierher, sorry. Die von dir genannten Beispiele ließen sich gewiss beliebig ergänzen. Im übrigen halte ich es fast für ein immaterielles Kulturgut, den jeweils staubigsten gültigen Namen zu verwenden und nur möglichst wenige Ausnahmen zuzulassen. Die Altvorderen gehören schließlich auch gewürdigt.
Und nein, zur Tagung sehen wir uns leider nicht. Ich bin im Ruhestand, außerdem ist der Bahnhof dicht und in der Adam-Kuckhoff-Straße habe ich mich mal furchtbar verfahren...
Beste Grüße,
Andreas
Und nein, zur Tagung sehen wir uns leider nicht. Ich bin im Ruhestand, außerdem ist der Bahnhof dicht und in der Adam-Kuckhoff-Straße habe ich mich mal furchtbar verfahren...
Beste Grüße,
Andreas
Re: Konservierung von Rubus canescens
Hallo,
vor der Jahrtausendwende hatte ich die Hoffnung mit den Umbenennungen aus diversen Prioritäts-, Typus- in- oder exclusive, ungültig oder doch regelkonformen Veröffentlichungen usw. müsse doch irgendwann mal Schluss sein, weil alles aufgearbeitet ist. Nein, noch immer werden Leichen ausgegraben. Was geklärt schien, wurde erneut fraglich. Man denke nur mal an die zahllosen Seiten auf welchen Orchideenkenner über die Gültigkeit von Ophrys holoserica oder fuciflora als Namen für die Hummelragwurz stritten. Es fehlt ein höchstes Schiedsgericht!
Dann kam die Molekulargenetik und das Namenskarussell nahm noch mehr Fahrt auf. Auch hier führen verfeinerte Methoden und größere Probenumfänge immer wieder zu neuen oder anderen Ansichten.
Irgendwann werden Arten dann nur noch als gültig beschrieben anerkannt, wenn sie den kompletten genetischen Code des Typusbelegs mit dazu veröffentlichen incl. der Positionen der unterschiedlichen Basenpaare zu den nahverwandten Arten.
Nochmal ein paar Jahre später kann Flora Incognita mittels eingebautem Genomscanners mit 100% Sicherheit (!) jedem Naturfreund sofort sagen welches Wesen da vor ihm wächst, krabbelt, schleimt.
Scotty, wir beamen.
…
vor der Jahrtausendwende hatte ich die Hoffnung mit den Umbenennungen aus diversen Prioritäts-, Typus- in- oder exclusive, ungültig oder doch regelkonformen Veröffentlichungen usw. müsse doch irgendwann mal Schluss sein, weil alles aufgearbeitet ist. Nein, noch immer werden Leichen ausgegraben. Was geklärt schien, wurde erneut fraglich. Man denke nur mal an die zahllosen Seiten auf welchen Orchideenkenner über die Gültigkeit von Ophrys holoserica oder fuciflora als Namen für die Hummelragwurz stritten. Es fehlt ein höchstes Schiedsgericht!
Dann kam die Molekulargenetik und das Namenskarussell nahm noch mehr Fahrt auf. Auch hier führen verfeinerte Methoden und größere Probenumfänge immer wieder zu neuen oder anderen Ansichten.
Irgendwann werden Arten dann nur noch als gültig beschrieben anerkannt, wenn sie den kompletten genetischen Code des Typusbelegs mit dazu veröffentlichen incl. der Positionen der unterschiedlichen Basenpaare zu den nahverwandten Arten.
Nochmal ein paar Jahre später kann Flora Incognita mittels eingebautem Genomscanners mit 100% Sicherheit (!) jedem Naturfreund sofort sagen welches Wesen da vor ihm wächst, krabbelt, schleimt.
Scotty, wir beamen.
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alte Botanikerweisheit: man sieht nur was man kennt
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Re: Konservierung von Rubus canescens
Ach,
der Scotty musste schwer schuften und seine Regler ("ziiinnnng") schieben. Bald macht das eine App. Dann setzt sich sowas wie ein Mähroboter in Gang, erfasst, analysiert, sequenziert. Die KI schreibt einen wissenschaftlichen Artikel und veröffentlichst ihn, am besten in den Sozialen Medien. Niemand muss sich mehr mit Grünzeug schmutzig machen... Horrorszenario.
Realität ist bereits, dass man einen Pilz nicht ohne Lieferung mind. einer Sequenz beschreiben kann, möglichst auch mit einen Baum der Verwandtschaft. Übrigens, mobile Sequenzer sind schon im Einsatz. Über kurz oder lang (?) bremst das genannte Karussell von allein ab. Immerhin sind die Möglichkeiten bei Taxonomie und Nomenklatur endlich. Selbst wenn alles neu aufgedröselt werden muss. Pilze wurden einst nach dem Sporenpulver geordnet, dann war die Spore der Knaller, dann die Interfertilitätsforschung, und schließlich die Basenreihung. Vage erinnere ich mich, dass die Noctuiden (Eulenfalter) per Genitalarmaturen neu geordnet wurden, was aber zunächst noch gebremst wurde. Statt dessen war das System nach Seitz in Gebrauch, mit Rückverweisen auf Staudinger-Rebel, also kurz nach den Höhlenmalereien. Irgendwann fügt sich alles.
Beste Grüße,
Andreas
der Scotty musste schwer schuften und seine Regler ("ziiinnnng") schieben. Bald macht das eine App. Dann setzt sich sowas wie ein Mähroboter in Gang, erfasst, analysiert, sequenziert. Die KI schreibt einen wissenschaftlichen Artikel und veröffentlichst ihn, am besten in den Sozialen Medien. Niemand muss sich mehr mit Grünzeug schmutzig machen... Horrorszenario.
Realität ist bereits, dass man einen Pilz nicht ohne Lieferung mind. einer Sequenz beschreiben kann, möglichst auch mit einen Baum der Verwandtschaft. Übrigens, mobile Sequenzer sind schon im Einsatz. Über kurz oder lang (?) bremst das genannte Karussell von allein ab. Immerhin sind die Möglichkeiten bei Taxonomie und Nomenklatur endlich. Selbst wenn alles neu aufgedröselt werden muss. Pilze wurden einst nach dem Sporenpulver geordnet, dann war die Spore der Knaller, dann die Interfertilitätsforschung, und schließlich die Basenreihung. Vage erinnere ich mich, dass die Noctuiden (Eulenfalter) per Genitalarmaturen neu geordnet wurden, was aber zunächst noch gebremst wurde. Statt dessen war das System nach Seitz in Gebrauch, mit Rückverweisen auf Staudinger-Rebel, also kurz nach den Höhlenmalereien. Irgendwann fügt sich alles.
Beste Grüße,
Andreas