Flechte aus Hessen 3 - Physconia distorta? [ Physconia enteroxantha]

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Botanica
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Flechte aus Hessen 3 - Physconia distorta? [ Physconia enteroxantha]

Beitrag von Botanica »

Hallo zusammen,

eine weitere Flechte von den Mauern in Braunfels:

Diese Flechte habe ich zunächst als Physconia spec angesprochen. Wegen der starken und groben weißlich bis hellgrauen Bereifung habe ich Physconia distorta angenommen. Ich war mir aber nicht sicher, ob es sich vielleicht doch um Physconia grisea handelt.

Die Verwechslungsarten Physconia enteroxantha (k+ gelb) und Physconia peridiosa (Lippensorale) kann ich glaube ich ausschließen, da die wesentlichen Merkmale nicht zutreffen.

Physconia distorta und Physconia grisea unterscheiden sich durch die Rhizinen, erstere flaschenbürstenartige, letztere einfache Rhizinen
Einfacher gesagt als getan. Ich habe einen Flechtenbeleg mitgenommen und untersucht. Zunächst sah ich nur eine schwarze Fläche. Um die Rhizinen "freizulegen", musste ich die schwarze Schicht vorsichtig entfernen.

Ich fand an einer Stelle einfache Rhizinen (Bild 5), aber häufig Gebilde wie auf dem Bild nur 3, die ich für flaschenbürstenartige Rhizinen halte.
Ist das korrekt? Handelt es sich dann doch um Physconia distorta?

Viele Grüße

Harry
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Zuletzt geändert von Botanica am Di Mai 20, 2025 10:48 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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abeja
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Re: Flechte aus Hessen 3 - Physconia distorta?

Beitrag von abeja »

Hallo Harry,
hier muss ich gründlich schlüsseln nachher. Ich sah bisher diese Arten, wenn überhaupt, nur auf Rinde und von oben erinnert mich das am meisten an P. grisea. P. distorta soll früh Apo. machen, keine Soredien / Blastidien. Hier sieht man aber beg. Soredien o. ä.
Die Rhizinen passen zu beiden Arten nicht wirklich, schaue Bilder und Beschreibung bei Italics.
P. entheroxantha K gelb im Mark nicht Rinde, manchmal aber nur schwach. Auf den Detailbildern Unterseite sehe ich was Gelbliches. Rhizinen squarrose, kein Bild gesehen.
Viele Grüße von abeja
Botanica
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Re: Flechte aus Hessen 3 - Physconia distorta?

Beitrag von Botanica »

Hallo abeja,

es ist etwas frustrierend, weil ich sich widersprechende Informationen gefunden habe.

Zunächst zu den leicht gelb gefärbten Bereichen an der Unterseite.
Diese stammen nicht von einer Behandlung mit Reagenzien. Die scheinen auf natürlichem Wege zum Vorschein gekommen zu sein.

Erst nachher habe ich an dem Probenmaterial Tests durchgeführt.
Zu den Ergebnissen gleich mehr.

Es ist schade, dass in der Literatur die ich benutze , anders als offenbar bei italics oder lichenmarinesoft, keine Angaben oder nur einzelne Angaben zu den Reaktion mit K, C, KC, P und UV gemacht werden. Selbst in Wirth "Die Flechten Deutschlands" wird beiden Artbeschreibungen die Verbreitung detailliert angegeben, nicht aber die chemischen Reaktionen.

Deswegen habe ich im Gelände zwar das Bestimmungsbuch (die ältere Ausgabe) dabei, lasse mir aber von ChatGPT die Merkmale der möglichen Verwechslungsarten auf einen Blick anzeigen, umn im Gelände einen Vergleich nicht zu vergessen, wenn ich mal keine Probe, z.B. vom Grabstein oder ähnlichen abschlagen kann. Nachbestimmung erfolgt so weit möglich immer zu Hause.

Jetzt habe ich aber folgenden Widersprich entdeckt

ChatGPT sagt mir:

Physconia grisea : K+ gelblich, C–, KC–, P+ orange
Physconia distorta : K+ gelblich, C–, KC–, P+ orange
Physconia perisidiosa :K+ gelblich, C–, KC–, P+ orange
Physconia enteroxantha : C+ gelb, K–, KC+ gelb, P–
Physconia pulverulenta : K+ gelblich, C–, KC–, P+ orange

Mein Büchlein lehrt mich aber

Physconia grisea : R- , keine Farbreaktionen
Physconia distorta : R- , keine Farbreaktionen
Physconia perisidiosa : Mark und Sorale K+ gelb
Physconia enteroxantha : Mark und Sorale K–
Physconia pulverulenta : nicht aufgeführt

Bei italics und lichenmarines habe ich gleiche Informationen wie im Bestimmungsbuch von Wirth/Kirschbaum gefunden

Wie kann das sein. Die KI muss das ja irgendwo her haben.

Nun habe getestet:
C- , Ergebis negativ
K+ schwach gelblich, wahrscheinlich durch Verfärbung des Marks.

Ich habe die Probe durchgeschnitten und versucht die Schnittkante einzufärben. Mit der Lupe nicht sicher erkennen können, ob das Mark gelb verfärbt ist.

Interessant sind die Bilder von Prof. Ulrich Kirschbaum, sienzeigen für P. distorta eine starke Bereifung (Bild 2) und Rhizinen, die meinen Abbildungen sehr ähnlich sind) (Bild 3)
https://www.thm.de/lse/ulrich-kirschbau ... enbilder-x

Aber dann dürfte eigentlich keine Farbreaktion erfolgen


Jetzt schaut der Tor
und ist so schlau wie zuvor

Viele Grüße

Harry
Zuletzt geändert von Botanica am Mi Mai 21, 2025 12:08 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Kraichgauer
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Re: Flechte aus Hessen 3 - Physconia distorta?

Beitrag von Kraichgauer »

Harry, bist Du des Wahnsinns? ChatGPT plappert wie jede KI nur irgendwelche ungeprüften Fakten vor sich hin, teilweise halluzinieren die Dinger auch. Nein, die müssen das nicht "irgendwo her haben", sondern erfinden Dinge auch. So was kann man nicht als Referenz für wissenschaftliche Fakten benutzen!
(Oder die Datenquelle waren irgendwelche längst überholte 19ten-Jahrhundert-Bestimmungswerke und -texte, die man der KI zum Fraß vorgeworfen hat.)

Gruß Michael
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abeja
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Re: Flechte aus Hessen 3 - Physconia distorta?

Beitrag von abeja »

Hallo Harry,
ich wollte das Ganze ja noch mal "systematisch" angehen. :lol:

Aber zum Chat-GTP erst ... zu den Halluzinationen
https://www.zeit.de/digital/2024-06/ki- ... aet-oxford
https://www.heise.de/hintergrund/Kuenst ... 33784.html

Und zu Büchern allg.

Mit Sicherheit können Bestimmungsbücher nicht jedes kleinste Detail beschreiben sowie alle möglichen Abweichungen benennen. Deshalb lese ich so gerne auf verschiedenen - möglichst guten und möglichst ausführlichen - I-netseiten - und schaue mir eine Vielzahl von Bildern an. Würde ein Buch dies leisten wollen, müsste es mehrere Seiten pro Art einplanen - damit würde jedes Fachbuch vielbändig. Der Preis ginge sehr hoch, die Handhabbarkeit leidet, keiner kauft es - dann wird es gar nicht erst hergestellt.

Zur Flechte:
Ich gehe davon aus, dass wir uns mit bei den "FRUTICOSE AND FOLIOSE PHYSCIACEAE" in der richtigen Familie befinden. ;)

Versuche ich dann, den Schlüssel bei italics durchzuarbeiten, muss ich sehr am Anfang unterscheiden, ob "Thallus without vegetative propagules" (= entwickelt ausschließlich Apothecien) oder "Thallus with soredia, isidia or phyllidia" (= d.h. diese sollte man sehen ... ob auch Apothecien entwickelt werden, das ist nicht ausgeschlossen).
Später kommen dann noch fragen, zu Wimpern am Rand (hier nicht), zur K-Reaktion auf dem Thallus (hier: nicht) + Fragen zum Standort (diese Physconia-Arten kommen hauptsächlich auf Rinde vor, seltener auf Gestein - deshalb sind sie unter Rinde verschlüsselt).
(Und in Italien gibt es viele Arten allg., die bei uns nicht vorkommen oder extrem selten wären, damit verheddert man sich schnell im Schlüssel).

Sowohl bei der Apothecienfrage, als auch beim Standort müssten man theoretisch mehrere Wege gehen.

Wichtig (und das steht überall):
Physconia-Arten Thallus immer K- (manche Medulla K+)
Bereifung typisch, mal mehr, mal weniger (auch innerhalb der Arten, kann individuell unterschiedlich sein)
keine Cilien, keine Pseudocyphellen
Gut zusammengefasst auf der franz. Seite AFL, da auch ein vereinfachter Physconia-Schlüssel. Der ist aber als Bild eingefügt - kann man nicht direkt übersetzen lassen - erst müsste man den Text "extrahieren".

Also allg. zu Physconia
Blättriger Thallus mit breiteren Lappen als bei den Physcia, oft mit weißem Reif (Pruina) bedeckt (trocken). Keine Wimpern und Pseudocyphellen. Oberer Cortex dick, K-, Rhizinen schuppig (EDIT: hier ist wohl "sparrig verzweigt" damit gemeint, siehe Bedeutung von "squarrosus") (außer Physconia grisea). Apothecien lecanorin, Scheiben dunkelbraun, oft bereift, Rand oft mit Lobuli besetzt, Sporen braun, einfach-septiert (= haben eine Trennwand)

Hier haben wir wieder eine jüngere Flechte, bei der man (bzw. ich) nicht so eindeutig sagen kann, was sie entwickeln wird.
Physconia distorta hätte viele und früh Apothecien und keinerlei "soredia, isidia or phyllidia", dafür entwickelt sich oft "adventive lobuli" (Zusatzläppchen - kann man die von "Phyllidia" unterscheiden - oder kann das nicht doch Dasselbe sein??? EDIT: vermutlich nicht : "Phyllidia" sind dann die "Läppchen", die abbrechen und dann zur Ausbreitung dienen).

Jetzt schaue ich mir deine Flechte detailliert an, was da an den Rändern der inneren Loben passiert. In meiner Vorstellung sind das beginnende Sorale ... ich weiß allerdings nicht, wie "beginnende Adventivläppchen" aussehen könnten!
Also Bildvergleich - da sehe ich überall - auch bei Exemplaren von Physconia distorta bzw. Ausschnitten, wo man keine Apothecien sieht - absolut glatte Lobenränder!
Deshalb halte ich Physconia distorta für sehr unwahrscheinlich.

Nun schauen wir uns die Unterseite und die Rhizinen an.
Ich verstehe deinen Satz " Zunächst sah ich nur eine schwarze Fläche. Um die Rhizinen "freizulegen", musste ich die schwarze Schicht vorsichtig entfernen." nicht wirklich. War das Schwarze auf der Unterseite ein lockeres Gebrösel, irgendwelche Anhaftungen? Normalerweise sieht man die Rhizinen so oder so. Die weißen Anteile auf dem Unterseitenbild sehen für mich so glatt aus wie ein Kinderpopo, so wie gewachsen - und nicht so, als wenn man da überall eine Schicht mühselig abgekratzt hätte. (?)

Aber o.k. .
wir sehen verzeigte Rhizinen, teilweise gehen die Verzweigungen rechtwinklich ab, in unterschiedlicher Länge. Die Rhizinen sind an der Basis immer schwärzlich, an den Spitzen aber auch weißlich.
Dass an einer Ecke scheinbar auch unverzweigte Rhizinen sind, würde mich nicht stören, die R. fangen ja auch mal klein an.

Mit den Rhizinen können wir m.M. nach definitiv Physconia grisea ausschließen. Das ist die einzige Physconia mit ... überwiegend !!! ("R. les plus souvent simples") ... unverzweigten Rhizinen (bei einer Unterart sollen sie ... manchmal ... gegabelt sein, aber nicht "flaschenbürstenartig" verzweigen.) Bei P. grisea sollen die R. allg. auch etwas heller sein, zum Teil weißlich - aber AFL zeigt auch unverzweigte, dunkle R. für diese Art.
https://www.afl-lichenologie.fr/Photos_ ... grisea.htm

Übersetzt (DeepL und noch angepasst)
Physconia grisea
Thallus: Orbital bis unregelmäßig blättrig, bis 8 cm Ø, manchmal mit anderen Thalli zusammenfließend, fest anliegend, grau bis graubraun; Lappen 3 mm breit, kurz, sich überlappend, besonders an den Spitzen mit weißer Bereifung bedeckt. Soralien grob körnig, oft isidiert erscheinend, anfangs auf dem Rand der Lappen lokalisiert, dann allmählich die Mitte des Thallus bedeckend. Unterseite fast weiß mit einfachen Rhizinen (die einzige Physconia mit einfachen Rhizinen).
Photosymbiont: Trebouxioid.
Chemismus: Cortex und Medulla K-.
Apothecien: selten mit sorediertem und pruiniertem Rand; Sporen 22-34x12-17 µm.
Habitat: Häufige, kortikole Art auf verschiedenen Laubbäumen in offenen Lagen und wenn die Rinde mit Nährstoffen angereichert ist (oft mit Staub imprägniert); kann manchmal auf alten Mauern oder Kalksteinblöcken unter nitrophilen Bedingungen vorkommen.
Bemerkung: Charakteristisch sind die graubräunlichen, mit Pruina im bedeckten Lappen, die körnigen Soralien und die blasse, mit einfachen Rhizinen versehene Unterseite. Sie ist die einzige Physconia mit einfachen Rhizinen.

Da sich noch gar keine "Ausbreitungsstrukturen" deutlich sichtbar gebildet haben, wissen wir auch gar nicht, wo diese überall sitzen werden. Sie beginnen aber immer randständig - bleiben manchmal da, manchmal wird auch die Lobenoberfläche besetzt.

Da ich auf dem Detailbild was Gelbliches sehe, finde ich meine Idee mit Physconia enteroxantha immer noch ganz gut.
Da ist es so, dass das Mark (Medulla) schon ohne KOH Zusatz gelblich sein kann (oder auch weißlich), ebenso die Sorale (falls schon vorhanden). Mit K gibt es dann - meistens! - eine Reaktion - aber nicht immer so stark, dass sie deutlich zu sehen wäre.
Da gefällt mir vor allem das Bild der Rhizinen bei AFL (doch ein Bild davon gefunden!):
schwarz, aber mit weißen "Extremitäten", die Farbe der Unterseite ist etwas variabel, aber normalerweise heller am Rand.

Aus AFL zu Physconia enteroxantha
Thallus: blattförmig, 2-5 cm Ø, ± unregelmäßig geformt, am Rand gelappt,sehr eng am Substrat anliegend, mit mittellangen Lappen, die sehr oft mit benachbarten Thalli zusammenfließen und sich mehr oder weniger überlappen, wodurch ein viel größeres Ganzes entsteht.
Oberseite grau bis ± dunkelbraun, mit weißlicher Bereifung, aber meist und nur an den Spitzen der Lappen mit zahlreichen weißen Punkten (Lupe x 10); mit recht zahlreichen, manchmal isidioiden, gelblichen, seltener weißlichen Soralien, randständig, aber nicht auf den Randlappen.
Obere Rinde paraplectenchymatös.
Unterseite dunkelbraun, am Rand der Lappen hellbraun, seltener weißlich, kortikal. Untere Rinde prosoplectenchymatös.
Schwarze,flaschenbürstenartige Rhizinen mit mehr oder weniger weißer Spitze.
Photosymbiont: Grünalge (andere als Trentepohlia).
Chemie: Cortex K-; Medulla weiß bis gelb, K+ gelb bis orangegelb; Soralien K+ leuchtend gelb. Thallus in Gegenwart von Wasser deutlich grün werdend
Apothecien: sehr selten, mit ellipsoiden Sporen vom Physconia-Typ, einmal-septiert, braun, zu acht, 25-37 × 16-21 µm groß.
Habitat: auf Rinde (auf Stämmen und dicken Ästen einzelner Bäume), seltener auf Holz und kalkfreiem Gestein. Bis zur montanen Stufe an gut beleuchteten und feuchten Standorten. Ziemlich häufig anzutreffen. Von der unteren mesomediterranen bis zur montanen Stufe.

Also meine Meinung: vielleicht am ehesten Physconia enteroxantha, wenn da tatsächlich Medulla K+ gelb war (und man schon ohne K was Gelbes sieht). Rhizinen passen, Standort ??? fraglich ??? kalkfreies Gestein ??? Pruina ist bei deinen Bildern auch etwas mehr, als für P. enteroxantha als "meistens" angegeben wird.

https://www.afl-lichenologie.fr/Photos_ ... xantha.htm
https://www.afl-lichenologie.fr/Photos_ ... storta.htm
https://www.afl-lichenologie.fr/Photos_ ... grisea.htm
Viele Grüße von abeja
Botanica
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Re: Flechte aus Hessen 3 - Physconia distorta?

Beitrag von Botanica »

Hallo abeja,

wow!!!
Unglaublich, was Du da für eine Arbeit hineingesteckt hast. Ich habe eine gaanze Weile gebraucht, das durchzuarbeiten.
Erst einmal herzlichen Dank dafür.

Zu Deinen Punkten:
Aber zum Chat-GTP erst ... zu den Halluzinationen
Nachdem ich festgestellt hatte, dass die besten verfügbaren Seiten im Internet und die Fachliteratur sich einig ist und ChatGPT etwas anderes erzählt, war mir natürlich klar das ChatGPT da Unsinn erzählt. Schade, ixh hatte diese Idee um nicht ständig in den Büchern Blättern zu müssen. Die Arten stehen nämlich so gut wie nie im Buch hintereinander sondern meist 30 Seiten auseinander.

@Michael: Sorry, das die KI bei solchen Fragen was erfindet,, war mir wirklich neu. Ich hatte immer verstanden die KI wertet den Inhalt von bestehenden Seiten aus und fasst zusammen. Als Ergebnis hatte ich daher erwartet, zusammengefaßt zu sehen, was auf den seriösen Seiten zu den Arten steht.
Okay, Satz mit X, das war nix.
Und zu Büchern allg.
Natürlich ist der Umfang eines Buches begrenzt. Aber wenn ich alle Arten Deutschlands aufführe, hätte ich zumindest die chemischen Reaktionen erwartet.
Zur Flechte:
Ich bin zwar kein nativer Speaker, habe auch nicht im Ausland gelebt, aber meist verstehe ich die englischsprachigen Seiten, zur äußersten Not hilft auch mal ein Übersetzter, aber manchmal verstehe ich die Inhalte einfach nicht. Ich weiß natürlich auch nicht wie "beginnende Adventivläppchen" aussehen könnten und der Begriff "Obere Rinde paraplectenchymatös" ist mir herzlich wenig einleuchtend.

Aber nach den Beschreibungen die ich verstehe, der gelben Farbe der Flechtenunterseite ohne Chemie und die K+ gelbe Reaktion (ich vermute mit der Medulla) ist für mich die Bestimmung Physconia enteroxantha absolut einleuchtend.
Ich verstehe deinen Satz " Zunächst sah ich nur eine schwarze Fläche. Um die Rhizinen "freizulegen", musste ich die schwarze Schicht vorsichtig entfernen." nicht wirklich
Mit einer 10 fach Lupe mit Beleuchtung konntew ich nicht erkennen um was es sich bei der schwarzen Schicht handelt. Vielelicht um verwebte und verklebte Rhizinen? kein Ahnung. Selbst in den extrem vergrößerten und vor allem aufgehellten Fotos (siehe die beiden neuen Fotos) erkenne ich nicht wirklich viel. Um Rhizinen erkennen zu können habe ich einen Teil mit einer Stecknadel entfernt.
Standort ??? fraglich ??? kalkfreies Gestein ???
Das die Physconia Stein auf Bäumen aber eben auch auf Gestein vorkommen können, wird explizit erwähnt.
Die Frage zum Gestein ist nicht so einfach zu beantworten. Die Mauern bestehen alle aus silikatischem, Gestein, sind aber dick vermörtelt. Man findet dort auch kalkliebende Arten. Im Schlüssel muss ich immer alle drei Kapitel durchgehen:

- Flechten auf silikatischem Gestein
- Flechten auf Kalkgestein
- Flechten auf künstlichen Substraten

Darauf wird im Buch auch ausdrücklich hingewiesen.
Die silikatischen Gesteine sind manchmal von einer (sehr) dünnen, hellen Schicht fast überzogen, (man nennt das glaube ich "Ausschwitzen vom Mörtel).


Viele Grüße und nochmals vielen Dank

Harry
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Svampskogen
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Re: Flechte aus Hessen 3 - Physconia distorta?

Beitrag von Svampskogen »

Grosser Respekt Abeja für deine detektivische Herangehensweise!! Ich lese hier immer sehr gerne mit…

Viel kann ich nicht hinzufügen… Die Flechte hat leider noch keine typischen Ausbreitungsstrukturen gebildet, von solchen Sachen würde ich mich eher fernhalten und mich auf typische Exemplare konzentrieren ;-)
Aber ja P. distorta passt nicht und auch grisea sollte man aufgrund der flaschenbürstenartigen Rhizinen ausschliessen können…
Aber ob es sich nun um P. enteroxantha oder perisidiosa handelt, sehr schwierig…. Auf einem Foto sieht man das Mark, dieses wirkt eher weisslich. Für den K-Test des Marks empfehle ich (wenn kein Binokular vorhanden), in der einen Hand mit der Lupe das Mark zu fixieren und mit der anderen die Chemikalie aufzutupfen (mit Pipette kommt meist schon zu viel Flüssigkeit), so sieht man die Reaktion eigentlich meist recht gut. Und je weniger K man verwendet, umso besser! Man muss schon aufpassen, dass es nicht auch auf die Rinde läuft…
Tatsächlich zeigt sich die Unterseite vieler Flechten zu Beginn schwärzlich wegen an den Rhizinen haftenden Borkenbestandteilen, diese müssen dann vorsichtig entfernt werden! Oder hier halt irgendwelche Gesteinsüberzüge, die die Flechte wohl überwachsen hat…
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Re: Flechte aus Hessen 3 - Physconia distorta?

Beitrag von Botanica »

Hallo Scampskogen,
Viel kann ich nicht hinzufügen… Die Flechte hat leider noch keine typischen Ausbreitungsstrukturen gebildet, von solchen Sachen würde ich mich eher fernhalten und mich auf typische Exemplare konzentrieren ;-)
In der Sache hast ja viellicht recht, aber was meinst Du da genau damit?
Ich bin ja meist Einzelkämpfer, es gibt ja nur wenige Flechteninteressierte und noch weniger Flechternkenner.
Ich schaue mir die Flechten daher meist alleine an und versuche diejenigen, die mir bereits bekannt sind und die ich bereits gefunden habe, wieder zu erkennen. Und ich bin natürlich immer auf der Suche von Neufunden.

Und diese versuche ich dann zu bestimmen.

Schau mal bitte diesen Beitrag:

viewtopic.php?t=3767

An Ort und Stelle war es die einzige Flechte dieser Art auf der Mauer, wenige Meter weiter gab eews eine weitere, die fast gleich aussah und dann im Verlaufe des Weges immer wieder mal welche. Aber nirgend war das, was ich mir als "Ausbreitungsstruktur" vorstellen kann. Soll ich die deshalb nihct bestimmen?

Bei Neufunden weiß ich ja nicht wie die aussehen kann. Bei Xanthoparmelia pulla schrieb abeja sinngemäß, "es sind ja noch ziemlich junge Flechten" Ich vermute, weil sie noch keine Apotrhecien haben.

Aber ich habe Xanthoparmelia conspersa gefunden, ca 8 cm im Durchmesser, mit vielen Apothecien, aber auch Exermplare 12-14cm im Durchmesser ohne Apothecien.Was ist jetzt älter, was ist jünger?

Im Bestimmungskurs ist dieser Begriff, der ja sicherlich seine Berechtigung hat, auch nicht gefallen.
Um beim Beispiel Apothecien zu bleiben:
Bei einer für mich neuen Flechtenart, die ich finde, und die noch keine Apothecien hat, muss ich ja erst mal rausfinden, ob es überhaupt eine Art ist die später Apothecien bekommt, oder ob es eine ist, die eben gar keine hat.

Mag sein, dass nach 2-3 Jahren Erfahrung dieses Thema kein Problem mehr ist, aber ich mache dass ja erst einige wenige Monate .


Viele Grüße

Harry
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Svampskogen
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Re: Flechte aus Hessen 3 - Physconia distorta?

Beitrag von Svampskogen »

Hallo Harry, ganz kurz: ich empfehle Flechtenindividuen, die weder eindeutige Apothecien, Sorale oder Isidien ausgebildet haben, eher für die Bestimmung zu meiden. Das wollte ich sagen…. Sonst wird es mit einer einigermassen sicheren Bestimmung per Fotos schwierig… aber ich verstehe, wie schwierig das als Einsteiger sein kann…
Naja ist ja auch nur ein Tipp von mir!
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abeja
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Re: Flechte aus Hessen 3 - Physconia distorta? [ Physconia enteroxantha]

Beitrag von abeja »

Hallo Harry,
mit "Ausbreitungsstrukturen" sind ja alle diese "komischen Dinge" gemeint, die Svampskogen aufgezählt hat, nicht nur Apothecien.
Klar, man weiß oft nicht, was zu erwarten wäre - aber man kann sich daran orientieren, ob man nur relativ glatte Flächen und Loben sieht oder ob an Rändern oder auf Flächen "etwas passiert": zusätzliche Strukturen ausgebildet werden oder die Oberfläche an mehreren Stellen in sehr ähnlicher Weise aufbricht.

Ich habe übrigens letztens auf einer Friedhofsmauer obenauf auch eine wirklich schon sehr große dunkelbraune Flechte gesehen (möglicherweise auch X. pulla) "ohne alles".
Bei deiner hier verlinkten Diploica sieht man ja die typischen Sorale.
Viele Grüße von abeja
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