Chenopodium missouriense? + C. album subsp. borbasii

Bestimmungsanfragen für europäische Wildpflanzen.
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Kraichgauer
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Chenopodium missouriense? + C. album subsp. borbasii

Beitrag von Kraichgauer »

Hallo zusammen,

dieses Chenopodium habe ich heute in der Bruchsaler Innenstadt in einer Blumenrabatte gefunden.
Die Samen sind völlig glatt wie bei C. album (was C. berlandieri und ficifolium ausschließt).

Aufgrund der Merkmale könnte das evtl. C. missouriense (= C. album var. missouriense) sein: Stängelknoten auffällig und regelmäßig rot, Blätter relativ schmal, Äste und Blütenstände gebogen, fast hängend.

C. strictum kann man glaube ich trotz der Streifung des Stängels ausschließen, da passt der ganze Habitus (strictum ist steif aufrecht!) und die Blattform nicht. C. striatiforme wäre liegend mit einfarbig rotem Stängel. C. suecicum wäre völlig ohne Rot. C. probstii hätte dickliche, rotrandige Blätter.

Also entweder ein stark abweichendes C. album oder das nordamerikanische C. missouriense, das auch in D schon gemeldet wurde.
Kennt sich vielleicht jemand besser mit der Gruppe aus?

Danke und Gruß Michael
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Kraichgauer
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Re: Chenopodium missouriense?

Beitrag von Kraichgauer »

Als Vergleich dazu ein vermutliches C. missouriense, das ich in Pennsylvania photographiert habe, aber dessen Bestimmung ist auch nicht gesichert. Gruß Michael
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botanix
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Re: Chenopodium missouriense?

Beitrag von botanix »

Hallo Michael,
dein vermuteter missouriense aus Pennsylvania wächst aber auch eher mit schräg aufsteigenden Ästen, was bei der fraglichen Pflanze nicht so ist.
Bastard strictum x album Form ??
Ich bin diesen Spätsommer mit den Hunden immer wieder an den hiesigen Maisfeldern lang, mit Unmengen an Chenopodien, nicht nur im Randbereich. Als ob die nicht unter der Dürre leiden, wie der Mais, der hier stellenweise eher zum unterpflügen war.
Aber dieses Durcheinander an Formen, steif aufrecht, von Grund an bogig aufsteigend, mit Streifen, ohne Streifen bzw. Achselflecken, mal fast zahnlos, mal stark gezähnt, mal grün, mal blaugrün, frühe Blüher, späte Blüher, mal irgendeine Mischung von allem… eine sehr unerfreuliche Gruppe.
Irgendwie steht man dieser Formenvielfalt ziemlich ratlos gegenüber.
Hilflose Grüße :roll:
Peter
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Kraichgauer
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Re: Chenopodium missouriense?

Beitrag von Kraichgauer »

Tja, mir geht es ja so ähnlich (und nicht nur mir). Das Problem ist, unter den zahllosen album-Varietäten die anderen Arten noch zu finden, ohne den "Tricorder", sprich Online-Feld-Chromosomenzähler erfunden zu haben.

Ein Bastard album x strictum geht deswegen schlecht, weil ja album selbst schon eine hexaploide Sippe ist, die unter anderem aus strictum hervorgegangen ist.

Missouriense wird in Nordamerika zumindest auf Varietäten-Niveau anerkannt, manchmal auch auf Artniveau. Dort ist sie recht verbreitet, oft sogar häufiger als album. So wie das aussieht, scheint missouriense eine in Nordamerika entstandene Sippe zu sein, während unser album dort nur eingeschleppt ist.

Gruß Michael
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Anagallis
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Re: Chenopodium missouriense?

Beitrag von Anagallis »

Jedenfalls gibt es in der Bruchsaler Innenstadt im Moment hauptsächlich so ähnliche Pflanzen, die an Atriplex patula erinnern. Nur sind bei den meisten die Astwinkel ganz grün.
Dominik
Sigi Springer
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Re: Chenopodium missouriense?

Beitrag von Sigi Springer »

Zu dem Thema habe ich heute ebenfalls eine ähnliche Pflanze gefunden: Samen glänzend schwarz, alle Stengelknoten tiefrot, Blätter z.T. wie Ch. album, aber auch ähnlich Ch. ficifolium mit fast parallelrandiger Endfieder, allerdings durchgehend gezähnt. Dazu die Fotos: das Habitusbild ist leider mäßig. Das letzte Foto zeigt Blattbeispiele von dieser Pflanze.
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Gibt es da eine Hybride, oder doch missouriense?

Sigi
Kraichgauer
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Re: Chenopodium missouriense?

Beitrag von Kraichgauer »

Was als "Chenopodium album" bezeichnet wird, ist ja bereits eine Mischung von hexaploiden, unabhängig voneinander entstandenen, stabilisierten Hybriden und dementsprechend vielfältig. Auf jeden Fall ist das etwas Anderes als das aus Bruchsal oben. Wenn die Samen glänzend schwarz sind, gehört es in die weitere Gruppe der vielen "album s. lat."-Sippen.

Das Münchner Exemplar erinnert mich aber an die Beschreibung von "C. album subsp. borbasii (Murr) Soó": Bl vergleichsweise klein, kaum länger als breit, mit großen Zähnen bis zur Spitze, meist deutlich 3lappig. BlüKnäuel regelmäßig dicht gereiht. Das soll eine südlich-mediterrane, wärmeliebende Sippe sein. Die Österreicher und die Italiener halten sie getrennt. Wisskirchen hat dazu mangels eigener Erfahrung keine Meinung, sagte er mir. Wenn überhaupt, dann würde ich das Münchner Exemplar eher dort einsortieren.

Gruß Michael
Sigi Springer
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Re: Chenopodium missouriense?

Beitrag von Sigi Springer »

Ich lerne gerne dazu. Ich habe mich in verschiedenen QUellen nochmal mit subsp. borbasii beschäftigt. Zur Unterart passt: Samenoberfläche glänzend schwarz mit radiären Linien, Samenschale mehr oder weniger warig-grubig (papillös), zwischen den Fingern zerrieben gut ablösbar, Mittellappen zumindest teilweise (fast) parallelrandig (auch im Foto der Blätter zu erkennen). Die rote Färbung an den Stengelknoten ist wohl eher nicht so ausschlaggebend.
Ich werde die Pflanze als Chenopodium album subsp. borbasii ins Münchener Herbar geben.
Vielen Dank an die Hilfestellungen
Sigi
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