Moos auf 1) Obstbaum und 2) auf Kalkstein

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UPS
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Moos auf 1) Obstbaum und 2) auf Kalkstein

Beitrag von UPS »

24.02.2023 erste 2 Bilder (4-5) bei CH-Romont BE Jura 700 m auf Ästen eines leider gefällten Apfelbaumes (Überbauung)
und letzte 4 Bilder (1-4) bei CH-Vauffelin BE Jura ca 770 m auf Kalkstein - Waldweg/Trockenweide;
vielen Dank für eure Hinweise
und mit besten Grüssen
Urs-Peter
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an etwas feuchterer Stelle - Blätter entfaltet
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bryotom
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Re: Moos auf 1) Obstbaum und 2) auf Kalkstein

Beitrag von bryotom »

Hallo Urs-Peter,

Bilder (4) und (5) zeigen jeweils ein Orthotrichum, einer Gattung, die in MEUR viele Epiphyten stellt. Bild (4) zeigt den allgemeinen Habitus eines Orthotrichum, Bild (5) gibt schließlich Hinweise auf die Identiät. Mit den relativ langen Kapselstielen (Seten) in Verbindung mit den relativ stark und lang behaarten Hauben (Kalyptren) komme ich hier zu Orthotrichum speciosum. Vergleiche mal damit.

Die nachfolgendne Bilder (1) bis (4) sind für eine Artansprache nicht ideal, da wenig Details des Gametophyten zu sehen sind (die Pflazen sind trocken, ganze Blätter sind kaum erkennbar). Ich halte das für eine fruchtende Plagiomnium-Art (Mniaceae). Die Kapseln auf Bild 1 und 3 sind allerdings noch unreif. Bilder 2 und vor allem 4 geben aber Hinweise auf die Art. Teilweise meine ich zu erkennen, dass die Blätter nur in der oberen zugespitzten Hälfte stark gesägt sind, darunter aber praktisch glattrandig sind (Bild 4, Blatt in der unteren Bildmitte). Das deutet auf Plagiomnium cuspidatum hin, eine durchaus basenholde Art, die auch auf Kalkstein-Mauern gedeihen kann (sonst terrestrisch, auch an Stammbasen). Vergleiche doch mal damit. Die Pflanzen wachsen steril niederliegend (plagiogiotop, daher der Name), die fertilen Sprosse wachsen jedoch aufrecht (hier zu sehen). ERst dann wird ihre Zugehörigkeit zu einem akropkarpen Verwandschaftskreis (Mniaceae) deutlich.
Beste Grüße
Thomas

"Kryptogamen, das sind Pflanzen ohne Samen,
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UPS
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Re: Moos auf 1) Obstbaum und 2) auf Kalkstein

Beitrag von UPS »

Vielen Dank Thomas für alle deine Erklärungen zu diesen Moosen, wo ich mich zuallererst in die Nomenklatur einarbeiten sollte.

ad Orthotrichum: war erstaunt bei der heutigen Probe nach drei frostigen Tagen/Nächten unter Null ein 'in sich gezogenes Moos' zu finden mit kaum mehr gut sichtbaren Kalyptren, s. Fotos von heute - allerdings bemerke ich nun auch deutlich die mangelhafte Auflösung meiner Kamera
Panasonic Lumix DC-TZ202D = nicht eigentlich Makro.

ad Plagiomnium: P. cuspidatum wäre in meiner Gegend noch nicht gemeldet worden,
s. https://www.swissbryophytes.ch/index.ph ... =nism-1838

Danke auch für den Hinweis zu akrokarp - Akropolis lässt grüssen, hatte im Gymnasium (leider?) kein Griechisch, nur Latein.

Beste Grüsse
Urs-Peter
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bryotom
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Re: Moos auf 1) Obstbaum und 2) auf Kalkstein

Beitrag von bryotom »

Hallo Urs-Peter,

Begrifflichkeiten kann man den Einleitungen der einschlägigen Floren entnehmen oder Du konsultierst ein Online-Glossar. Die Einführungen von FRAHM sind lesenswert ("Biologie der Moose" eher wissenschaftlich oder "Moose - Eine Einführung" eher populärer gehalten).

Bei Moos-Verbreitungskarten (nicht nur der Schweiz) kannst du nicht davon ausgehen, dass eine Art in einem Gebiet nicht vorkommt, bloß weil da kein Punkt erscheint. Gemessen an der Größe und des Reliefs der Schweiz und der letzlich überschaubaren Zahl von Mooskartierern und der gegebenen begrenzten Intesität der Erfassung sind die Verbreitungslücken größer als die Dichte der Funde; nicht nur bei seltenen Arten sondern auch gerade schon bei mittelhäufigen. Der Karte entnehme ich allerdings, dass Plagiomnium cuspidatum im Kanton Bern und auch im Jura vorkommt, so also wahrscheinlich auch in dem von Dir aufgesuchten Gebiet.

Das heute von Dir gepostetete Orthotrichum ist nicht "eingezogen", sondern hat einfach kürzere Kaspelstiele als O. speciosum. Es ist außerdem turgeszenmt, also ist flüssiges Wasser / Tau vorhanden gewesen. Es handelt sich um eine andere Orthotrichum-Art! Epiphytisch in MEUR ist das häufigste in dieser Erscheinungsform Orthotrichum affine; das stellt hier aber keine Bestimmung dar. Die meisten Orthotrichen sind Kandidaten für eine mikroskopische Präparation. Hier müssen u.a. oft die Spaltöffnungen in den Kapselwänden angeschaut werden. Wenige markante Arten sind makroskopisch ansprechbar.

Die alten Sprachen helfen aber sie sind nicht Bedingung für eine Beschäftigung mit Organismen.
Beste Grüße
Thomas

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UPS
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Re: Moos auf 1) Obstbaum und 2) auf Kalkstein

Beitrag von UPS »

Vielen Dank Thomas für deine ergänzenden Erläuterungen.

Es ist also möglich, dass an diesem stark moosig überwachsenem, letzte Wo gefälltem, Apfelbaum zwei (oder noch mehr..) verschiedene Orothrichum Arten vorhanden sind, muss also nochmals nachschauen.

Meine hauptsächliche Beobachtungsgegend ist bei Romont BE - Vauffelin am Jurasüdfuss, ca 15 km (nord-)östlich von Biel.

Mit besten Grüssen
Urs-Peter
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bryotom
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Re: Moos auf 1) Obstbaum und 2) auf Kalkstein

Beitrag von bryotom »

Schöne Gegend, in der Du da unterwegs bist, Urs-Peter.
Habe gerade mal geschaut, da gibt es im Internet empfohlene Wandertouren mit Bildern (Sprachgrenze, Montagne de Romont usw.).
Ja, in Lagen mit luftfeuchten, offenen bis lockeren Gehölzbeständen kann man einiges an Epipyhten diverser Gattungen an einem Strauch oder Baum erwarten. Obstgehölze, Walnüsse und etliche andere Gehölze sind es wert mal draufzuschauen. Viel Spaß!
Beste Grüße
Thomas

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