Gartenneuling hat Fragen zu Pflanzen

Bestimmungsanfragen kultivierter Arten.
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Schalast
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Gartenneuling hat Fragen zu Pflanzen

Beitrag von Schalast »

Guten Abend!
Ich bin neu hier im Forum und freue mich auf Infos und neuen Dingen die ich lernen kann.
Seit gestern sind mein Mann und ich Besitzer eines Kleingartens und nun bin ich auf der Suche nach Leuten die mir sagen können welchen Pflanzen so in meinem Garten wachsen :-)

Bei zwei bin ich mir nämlich etwas unsicher. Ich hätte bei den beiden ersten auf Kirschlorbeer (Bild 1-3) und die andere auf echten Lorbeer getippt. (Bild 4)
Liege ich da richtig?
Der Kirschlorbeer soll sehr giftig für Kinder sein? Ich habe nun beide Pflanzen zum verschenken bei Kleinanzeigen drinne.
Der echte Lorbeer ist nicht giftig?
Vielleicht mag mir ja jemand helfen :-)
Lieg ich überhaupt richtig mit meiner Pflanzenbestimmung oder liege ich daneben?

Vielen Dank schonmal

Liebe Grüße

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Anagallis
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Re: Gartenneuling hat Fragen zu Pflanzen

Beitrag von Anagallis »

Moin und willkommen im Forum! Das sollte alles Kirschlorbeer, Prunus laurocerasus sein, und ja, der ist giftig. Siehe hier die Informationen zur Pflanze der Giftzentrale Bonn:
https://gizbonn.de/giftzentrale-bonn/pf ... schlorbeer

Normalerweise würde ich zur Gelassenheit raten, denn die Pflanze ist sehr häufig, ohne daß es zu Massenvergiftungen bei Kindern gekommen wäre (Giftzentrale Nord, Jahresbericht 2021). Kirschlorbeer ist aber außerdem extrem häßlich und ökologisch wenig sinnvoll. Pflanze Dir doch lieber schöne sommer- oder frühjahrsblühende Sträucher, von denen auch einheimische Insekten etwas haben.

Die AGNUS Bruchsal, unser lokaler Naturschutzverein, verteilt seit einigen Jahren die "Bruchsaler Gartenliste" mit attraktiven, einheimischen Gartenpflanzen die obendrein einen hohen ökologischen Nutzen haben:
https://www.agnus-bruchsal.com/aktuelle ... artenliste
https://www.agnus-bruchsal.com/fileadmi ... te2red.pdf

@Michael: Die Gartenliste muß dringend wieder an einen prominenteren Platz auf der Webseite. Man findet sie kaum noch.
Dominik
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abeja
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Re: Gartenneuling hat Fragen zu Pflanzen

Beitrag von abeja »

Hallo,
Kirschlorbeer als immergrünes Gewächs wird oft als Sichtschutz verwendet, das sieht hier in dem Fall nicht so aus ... wobei ich das Bäumchen noch ganz hübsch finde.
Giftig sind vor allem die Blätter (schmecken aber bitter) und die Samen (im zerbissenen Zustand, sollen aber kaum zerbeißbar sein). Es geht da um Blausäure, wobei Blausäure in vielen Samen der Rosaceen vorhanden ist. (Korrekter: Amygdalin, was bei der Verdauung zu Blausäure umgewandelt wird.)
Das Fruchtfleisch der Lorbeerkirschen enthält davon nur sehr wenig (vielleicht extrem wenig bis gar nichts ...Werte habe ich nicht gefunden). Je mehr desto bitterer sollen die Früchte sein. In der Türkei werden die Früchte sogar zu Konfitüre verarbeitet, wobei sich Blausäure beim Erhitzen auch verflüchtigt - die Gefahr wäre nur gegeben, wenn gebrochenes Samenmaterial mit dabei wäre aus Versehen. Es gibt dort sogar Kultivare mit etwas größeren Früchten, auch vom Rohgenuss des Fruchtfleisches ohne merkliche Folgen wird berichtet (... ich habe ein paar Früchte - ca. 5 - selbst schon probiert, vollreif, sehr süß, keinerlei Bitterkeit, keinerlei Symptomatik).
Was den nicht vorhandenen Nutzen für Insekten betrifft, so wird gesagt, dass unsere einheimischen Bienen inkl. Hummeln eher auf Gewächse gehen, die ihnen bekannt sind und alles andere links liegen lassen . Ich meine mich aber zu erinnern, hier ganz im SW schon Unmengen von Bienen im blühenden Kirschlorbeer gesehen zu haben ...

Ansonsten gibt es generell vieles im Garten, was bei Verzehr giftig wäre, Kindern kann man aber so früh wie möglich beibringen, nichts Unbekanntes eigenmächtig zu essen. Ganz kleine Kinder, die das noch nicht verstehen, darf man dann nicht aus den Augen lassen. Auch wenn der eigene Garten absolut giftfrei wäre, Nachbars Garten ist es vielleicht nicht und die Natur auch nicht. (In meiner Kindheit war z. B. auch Goldregen im Garten ...)

Laurus nobilis ist übrigens selten in Gärten bei uns, nicht richtig winterhart (vielleicht in manchen Regionen an geschützten Stellen). lch kannte hier zwei hier im SW ausgepflanzt in Vorgärten, die sehe ich beide nicht mehr.
Viele Grüße von abeja
Spinnich
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Re: Gartenneuling hat Fragen zu Pflanzen

Beitrag von Spinnich »

Alle Pflanzenteile enthalten Blausäure auch die Früchte, wenngleich nur in viel niedrigeren Mengen als die Blätter.
In der Türkei wird das Fruchtfleisch der Kirschen für Marmelade oder Gelee verwertet, denn beim Kochen werden die Blausäureverbindungen zerstört und das Fruchtfleisch ist weniger giftig als Blätter und Kerne.
Die Blätter können verwendet werden um das Aufweichen oder Geschmeidigmachen organischer Materialien bei Restaurierungen herbeizuführen. Beispielsweise kann man getrocknete Insekten wieder beweglich bekommen, wenn man sie einige Tage über den zerschnittenen Blättern in einem geschlossenen Gefäß aufbewahrt (Blätter täglich austauschen und Hautkontakt vermeiden).
Unzerkaute Fruchtkerne sind zwar ungefährlich, aber zerkaute Kerne können bereits in geringer Zahl tödlich wirken.
Die Pflanzen sind zudem invasiv und gefährden heimische Arten.

Ich wäre für ein striktes Handelsverbot dieser Pflanze.

LG Dieter
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abeja
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Re: Gartenneuling hat Fragen zu Pflanzen

Beitrag von abeja »

Nun, zum Teil wurde das ja bereits geschrieben.
Der arme Kirschlorbeer beginnt mir aber schon leidzutun ... mit Sicherheit gibt es ökologisch wertvollere Gehölze für den Garten und man sollte vielleicht bei einer Neuanlage ums Häuschen nicht ringsherum Kirschlorbeer pflanzen.
Man liest auch zum invasiven Potential - aber Anbetracht der Tatsache wie extremst häufig diese Pflanze in Gärten ist, sieht man sie recht selten verwildert in der Natur (bei uns ... in England scheint es ein größeres Problem zu sein).
Ich sah sie konkret einmal im Wald. Lt. FloraWeb /ältere Daten) gibt es ein paar Regionen in D. mit "unbeständigen neophytischem Vorkommen".
Viele Grüße von abeja
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Anagallis
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Re: Gartenneuling hat Fragen zu Pflanzen

Beitrag von Anagallis »

abeja hat geschrieben: Di Jun 06, 2023 2:27 am aber Anbetracht der Tatsache wie extremst häufig diese Pflanze in Gärten ist, sieht man sie recht selten verwildert in der Natur (bei uns ...
Lt. FloraWeb /ältere Daten) gibt es ein paar Regionen in D. mit "unbeständigen neophytischem Vorkommen".
Das ist veraltet. Ich sehe sie auf *jeder* Exkursion verwildert in Wäldern.
Dominik
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abeja
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Re: Gartenneuling hat Fragen zu Pflanzen

Beitrag von abeja »

Vielleicht muss ich verstärkt darauf achten. Gelistet ist er in der neueren BW-Karte im Quadranten wie erwartet. Gesehen habe ich ihn siedlungsnah im "halligen" Buchenwald in mickriger Form dort, wo sowieso kaum was anderes wächst
Viele Grüße von abeja
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Anagallis
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Re: Gartenneuling hat Fragen zu Pflanzen

Beitrag von Anagallis »

Mal ein Blick in die Aufnahmen:

2021: 2 Fundpunkte (aber auch nicht so drauf geachtet)
2022: 24 Fundpunkte (das war das Jahr, in dem ich jeden Tag kartieren war)
2023: bis Ende Mai 10 Fundpunkte
Dominik
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botanix
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Re: Gartenneuling hat Fragen zu Pflanzen

Beitrag von botanix »

Hallo,

der Kirschlorbeer ist in Mode gekommen, weil er ein schnellwachsendes immergrünes relativ preiswertes Sichtschutzgehölz ist und Obi und Co. ihn in Massen auf den Markt bringen. Er blüht auch meist zweimal im Jahr. Der Nutzen für die Insekten dürfte sich auf die Allerweltsarten beschränken und die reichlich produzierten Beeren sind für die Vögel anscheinend weniger attraktiv. Bei uns fallen die meisten Beeren auf den Boden und keimen dort, wie im ganzen Garten, reichlich. Dennoch finden sich im Siedlungsbereich regelmäßig Pflanzen unter und in Hecken, genauso wie verschiedene Cotoneaster, Taxus, Berberis julianae, Mahonia usw. Nachgewiesen wurde, dass die Vögel diese Arten meist nur bis zu 500 m um den Pflanzenwuchsort verbreiten. Was natürlich in unserem dichbesiedelten Land fast überall bedeutet. Aber meist in Wäldchen und an Waldrändern, selten tief im Buchenhochwald (Lichtfaktor?). https://www.botanik-bochum.de/jahrbuch/ ... erasus.pdf

Der Kirschlorbeer ist auf den Verbreitungskarten definitiv unterrepräsentiert. Einmal weil die Funddaten immer (um Jahre) verspätet einfliessen und auch weil viele Kartierer die Vorkommen unter Hecken und Gebüsch in den Siedlungen ignorieren, wenn überhaupt dort kartiert wird. Wir haben in der Gießener Flora bis jetzt 33 Funde bei dflora eingegeben, aber nur knapp ein Drittel aller Funddaten. Also vermutlich um 100 Funde auf 1 1/4 TK 25 (170 qkm). Bedenken muss man auch, dass die meisten problematischen Neophyten einige Jahre bis Jahrzehnte brauchten, bevor sie "richtig invasiv" wurden.

Jedenfalls stehen die zwei Großsträucher von 5 m Höhe bei uns auf der "Das kommt weg - Liste", genauso die Mahonien, Cotoneaster, Efeu (Vorbesitzers Lieblinge), die sich überall ansiedeln und einen erheblichen Beseitungsaufwand verursachen.

Die Bruchsaler Liste finde ich sehr empfehlenswert, allerdings enthält sie nicht viele im Sommer und bis in den Herbst blühende Arten.
Informiert euch, geht die Veränderungen mit Überlegung an, beachtet unbedingt den Standort. Nicht alles gedeiht überall! Gerade die trockenen Sommer bereiten Probleme (Wasserversorgung).

Gruß
Peter
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