Pflanzen stellen auf Selbstbefruchtung um ?

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Aries
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Pflanzen stellen auf Selbstbefruchtung um ?

Beitrag von Aries »

Hallo,

Über folgende Aussage bin ich vor kurzem gestolpert :)

Tomatillo in diesem Fall, stellt um auf Selbstbefruchtung mangels Fremdbefruchter.

S.Link

https://www.spriessbuerger.ch/fremdbefruchter/

Habe ich noch nicht gehört, deshalb meine Anfrage.
Stimmt die Behauptung?

LG Aries
Liebe Grüße aus Hessen - Aries
Spinnich
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Re: Pflanzen stellen auf Selbstbefruchtung um ?

Beitrag von Spinnich »

Dem würde ich aus eigener Erfahrung wiedersprechen.
Bei 2 ungleich großen Topfpflanzen hatte die größere zahlreiche Blüten, die 2te hinkte hinterher.
Fruchtansatz gab es erst, als auch die kleinere Pflanze viel später erste Blüten hervorbrachte, denn die Art ist selbssteril.
Ausgereift sind die Früchte nur an der größeren Pflanze.
Beides war die gleiche Sorte.
Im Jahr darauf hatte ich 3 Pflanzen einer Sorte im Garten, die enorm wucherten und gleichzeitig blühten.
Es gab sehr früh bereits erste Früchte und Unmengen davon bis zum Frost.

Es gibt ja unzählige Sorten von Physalis philadelphica (Syn.: Physalis ixocarpa).
Ob es hinsichtlich der Selbstfruchtbarkeit innerhalb der gleichen Sorte Unterschiede gibt mag dahingestellt bleiben, generell scheint aber eine beliebige 2te Pflanze der gleichen Sorte ausreichend für Massenerträge. Dass Einzelpflanzen dann verspätet doch noch Früchte bilden kann womöglich ausnahmsweise sein, ob diese dann fruchtbares Saatgut abgeben ist noch mal eine andere Frage, jedenfalls sind die Pflanzen im Normalfall selbststeril.

Das Phänomen, dass manche Pflanzen besser in Anwesenheit einer weiteren Sorte fruchten kennt man von der Kamtschatka-Heckenkirsche (Lonicera caerulea var. kamtschatica). Auch beim Kernobst gibt es Sorten, die als Pollenspender besser geeignet sind und dann für andere Sorten ertragserhöhend wirken. Unterschiedliche Polyploidie kann auch eine erfolgreiche Befruchtung beim Apfel verhindern.

LG Dieter
Aries
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Re: Pflanzen stellen auf Selbstbefruchtung um ?

Beitrag von Aries »

Okay, Dankeschön erstmal.

Bin auch nicht unbedingt auf die Tomatillo fixiert.
Vielleicht gibt es dieses Phänomen ja auch bei anderen Pflanzen?
Liebe Grüße aus Hessen - Aries
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abeja
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Registriert: Sa Jul 02, 2022 8:54 pm
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Re: Pflanzen stellen auf Selbstbefruchtung um ?

Beitrag von abeja »

Hallo,
vieles ist möglich.

Suche mal Texte mit den Worten Selbstbestäubung oder Selbstbefruchtung fakultativ.
Da stößt man schon bei Wiki auf Sätze wie (unter Autogamie)
Zahlreiche Pflanzensippen sind fakultativ autogam. Ihre Blüten öffnen sich zuerst, um Fremdbestäubung zu ermöglichen. Falls keine Fremdbestäubung stattfindet oder auch bei ungünstigen Bedingungen erfolgt gegen Ende der Anthese (Blütezeit) eine Selbstbestäubung.
Möchte man dazu genauer nachlesen, könnte man das z.B. in diesem Dokument tun:
https://wiki.ufz.de/biolflor/info/bluet ... ologie.pdf (43 Seiten)
"Blüten- und Reproduktionsbiologie" von Dr. Walter Durka (UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH, Sektion Biozönoseforschung) aus "Schriften für Vegetationskunde" (Bundesamt für Naturschutz)
Da unter Punkt 4.9.1. Befruchtungssysteme (Hervorhebungen von mir)
Xenogamie oder obligate Fremdbefruchtung „X“ ist dadurch gekennzeichnet, dass die Gameten (Farne: Eizelle, Spermatozoide, Blütenpflanzen: Eizelle, Pollenschlauch) von verschiedenen Sporophyten stammen. Bei fakultativer Xenogamie können die Gameten von verschiedenen oder vom selben Sporophyten stammen. Fakultative Xenogamie wird hier unterteilt in drei Klassen, die sich im Anteil von Fremd- und Selbstbefruchtung unterscheiden: fakultative Xenogamie i.e.S., „XF“, bei der die Fremdbefruchtung quantitativ stark überwiegt, aber Selbstbestäubung möglich ist; gemischte Befruchtung „AF/XF“, bei der sowohl Selbst- als auch Fremdbefruchtung häufig sind, z. B. durch Selbstbestäubung am Ende der Blütezeit; dazu werden auch alle selbstkompatiblen Arten gerechnet, bei denen zu wenig Information vorliegt, um XF oder AF zu vergeben; fakultative Autogamie „AF“, wobei Selbstbefruchtung die Regel ist und Fremdbefruchtung die Ausnahme darstellt. Echte quantitative Angaben zum Auskreuzungsgrad sind nur in Ausnahmefällen verfügbar und werden nicht angegeben.
...
AF/XF – Gemischte Befruchtung: Arten verfügen prinzipiell über Mechanismen der Fremdbestäubung, wie Insekten- Wasser- oder Windbestäubung, sind aber selbstkompatibel. Häufig tritt gegen Ende der Blüte Selbstbestäubung ein, wenn vorher keine erfolgreiche Fremdbestäubung erfolgte. Das Verhältnis von Fremd- zu Selbstbefruchtung hängt 1. von der Häufigkeit und Verteilung der empfänglichen Blüten (Diklinie, Dichogamie), 2. von der Intensität der klonalen Ausbreitung der Art (auch bei Wind- und Wasserbestäubung), 3. von der Bestäuberdichte (bei Insekten-bestäubten Arten) ab.
Viele Grüße von abeja
Spinnich
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Re: Pflanzen stellen auf Selbstbefruchtung um ?

Beitrag von Spinnich »

Hallo Abeja,

bei dem Beispiel (im Link) wird aber eine Autogamie (bzw. Fremdbestäubung durch die gleiche Sorte) nicht prinzipiell aller Blüten, nach dem Ende deren Blütezeit, sondern ein Wechsel von obligater Fremdbestäubung (durch zwingend andere Sorte) zu einer fakultativen Bestäubung durch die gleiche Sorte oder durch Autogamie innerhalb einer fortgeschrittenen Vegetationsperiode der Pflanze behauptet.
Das ist nochmal etwas anderes als fakultative Autogamie im allgemeinen, was ich so noch nicht gehört oder gelesen habe, oder ist das "mit Ende der Anthese" so zu verstehen.

LG Dieter :?:
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abeja
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Re: Pflanzen stellen auf Selbstbefruchtung um ?

Beitrag von abeja »

Hallo Dieter,
ich antwortete ganz allgemein, da sich die Frage nun nicht nur auf den Link, die dortige Art und Sorten bezog.

In dem PDF steht ja auch, dass man es oft nicht sagen kann, vor allem, wie sich das mengenmäßig verteilt.
Man könnte auch sagen, sofern es keine 100proz. sicheren anatomischen Faktoren gibt, die Selbstbestäubung ganz ausschließen, dann kann es kurz vor Verblühen der Blüte zur Selbstbestäubung kommen.
Viele Grüße von abeja
Manfrid
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Re: Pflanzen stellen auf Selbstbefruchtung um ?

Beitrag von Manfrid »

Wie es gerade bei Tomatillo ist, weiß ich nicht, aber generell scheint auch Hybridisierung die Vermehrung in Richtung auf vegetative Vermehrung zu verschieben. Heterosis, also vegetative Stärke bei Unfruchtbarkeit, ist ja der bekannteste Effekt von Hybridisierung. Aber die Aufgabe von Zweihäusigkeit, Kleistogamie, Parthenogenese, verschiedene Formen von "Viviparie" und eben auch Selbstkompatibilität würde ich schon als Schritte in die gleiche Richtung ansehen. Die Tendenz zum Vegetativen wird stärker, einmal, wenn ihr nicht vorher durch Samenbildung nach Fremdbefruchtung "das Wasser abgegraben wird" - also am Ende einer Blütezeit ohne Fremdbestäubung -, außerdem an kühleren und feuchteren Standorten und schließlich eben durch Hybridisierung. Der Jungferngecko z. B., der sich gewöhnlich parthenogenetisch fortpflanzt, wird auch für eine (Natur-)Hybride gehalten. Man darf natürlich nicht allzu pingelig sein, wenn man sowas schon mit unter vegetative Vermehrung sensu lato rechnen will. Aber es hilft m. E., die Zusammenhänge etwas zu überschauen. - Also, es würde mich nicht wundern, wenn bei einer Kulturpflanze wie Tomatillo, wo ja viel gekreuzt wird, auch eine Art abgeschwächter Heterosiseffekt in Form von verstärkter Selbstkompatibilität auftritt.

Manfrid
Aries
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Re: Pflanzen stellen auf Selbstbefruchtung um ?

Beitrag von Aries »

Danke nochmals.
Ich werde mir alles in Ruhe anschauen und durchlesen.
Liebe Grüße aus Hessen - Aries
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