Aufruf zur Kartierung von Portulak

Neuveröffentlichungen, Anleitungen, Schlüssel, Vorstellungen von Unterscheidungsmerkmalen
Benutzeravatar
Anagallis
Unfreundlicher Muffkopf
Beiträge: 1972
Registriert: Mi Jun 22, 2022 7:54 pm
Wohnort: Enzkreis, an der Grenze zum Landkreis Karlsruhe

Re: Aufruf zur Kartierung von Portulak

Beitrag von Anagallis »

Hier eine Zusammenfassung des Istzustandes meiner technischen Bemühungen.

Instrumente

Bei geschickter Beleuchtung reicht ein gutes Bino mit vierzigfacher Vergrößerung aus, um die Samen direkt zu betrachten. Mit der Beleuchtung muß man ein wenig experimentieren. Es ist hilfreich, die Samen mit möglichst wenigen Lichtquellen zu beleuchten. Ein Ring aus LED-Birnchen vervielfacht die Anzahl der Lichtreflexe auf den Samen.

Sammeln der Samen

Am besten man schüttelt die Samen schon im Feld vorsichtig in einen 1-Liter-Gefrierbeutel mit Zipverschluß oder Druckverschluß und beschriftet ihn ausführlich. Dabei sollten möglichst saubere Pflanzen verwendet werden. Eine große Samenzahl macht das Präparieren nachher einfacher. In der Tüte soll möglichst wenig Dreck landen. Daß in der Tüte einige Kapseldeckel landen, ist nicht schlimm.

Erstes Durchmustern

Man schütter eine ausreichende Menge Samen in eine kleine Glasschale und befreit sie zuerst von größeren Fremdkörpern wie den Kapseldeckeln. Das Schälchen kann man unter das Bino Stellen und eine erste Einschätzung vornehmen. Grundsätzlich werden verschüttete Samen entsorgt und nicht zurück in Tüte oder Schälchen getan. Man produziert zu leicht Samenmischungen aus mehreren Tüten.

Konservierung auf Objektträgern

Die Samen statt in Tüten auf Objektträgern zu konservieren ist sehr sinnvoll (notfalls tut es auch weiße Pappe). Zum einen hat man die Samen in einem handlichen Format, zum anderen legen sich die Samen auf die Seite und werden im Lack fixiert. Dazu verwendet man einen möglichst zähflüssigen Nagellack. (Mit Klarlack kann man auch Lackabdrücke im Durchlicht ansehen, ansonsten tut es jede Farbe). Im Laden kann man die Zähigkeit vergleichen, indem man die Flaschen umdreckt und schaut, wie schnell sich die Luftblase durch den Lack bewegt.

1. Schälchen und Objektträger bereitlegen.

2. Objektträger beschriften (mit Permanentmarker oder einem Aufkleber). Ein ubeschrifteter Beleg ist wertlos. Spätertens beim fünften Beleg auf dem Tisch verliert man die Übersicht.

3. Den Pinsel in den Lack tauchen und einen nicht zu großen Tropfen aufnehmen. Den Tropfen paziert man mittig auf dem Träger und verteilt ihn mit kreisenden Bewegungen ein wenig, vielleicht auf 1 x 2 cm. So erhält man ein Lackkissen, das in der Mitte am dicksten ist und in einigen Sekunden gleichmäßig bis zu den Rändern läuft. Man streicht den Lack _nicht_ wie beim Nägellackieren von einer Seite zur anderen, denn dann wird die Lackschicht an einer Seite zu dick und an der anderen zu dünn.

4. Nun tupft man mit dem Zeigefinger in die Schale, um eine ordentliche Menge Samen an der Fingerspitze aufzunehmen. Diese krümelt man vorsichtig von oben in den Lack. Wie viel in den Lack paßt, merkt man dann schon.

5. Den Objektträger legt man 24 Stunden zum Trocknen beiseite. Die Samen in der Schale kommen wieder in die Tüte oder in den Müll. Die Schale muß man für den nächsten Beleg von allen restlichen Samen befreien. Die Unterlage zu Säubern schadet auch nicht.

So hat man gut lagerbare und leicht untersuchbare Belege.
Dominik
Kraichgauer
Beiträge: 1294
Registriert: Mi Jun 22, 2022 10:18 pm
Wohnort: Bruchsal

Re: Aufruf zur Kartierung von Portulak

Beitrag von Kraichgauer »

Update: Hr. Reichert hat geschafft, die Kuratoren des Herbars LINN zu überzeugen, Lackabdrücke des Lectotypus von Portulaca oleracea L. zu machen. Die Resultate sind erfreulich eindeutig: P. oleracea L. ist das Gleiche wie P. stellata. Das hatte schon Danin vermutet.

Ich habe oben die Beiträge alle korrigiert, um die Verwirrung zu reduzieren.

In der Zwischenzeit haben wir hier in der Rheinebene alle fünf Arten gefunden: P. papillatostellulata (> 90 %), P. oleracea s. str. (= stellata) (ca. 5 %), P. trituberculata (ca. 5 %), P. cypria (nur 1 x, das scheint der Erstfund für D) und P. sativa (?edulis) (nur in Kleingärten halbwild).
In den Siedlungen ist praktisch alles P. papillatostellulata, im Kraichgau auch.

Bisher gibt es wie befürchtet keine Korrelationen mit dem Habitus bzw. der Kleistogamie. Die wenigen gefundenen Exemplare von P. oleracea s. str., P. cypria und P. trituberculata blühten alle. Das kann aber auch Zufall sein.
An einer Stelle (ein sandiger Acker) gab es alle vier Arten nebeneinander. Auch das Habitat ist also kein Trennfaktor.

Gruß Michael
Benutzeravatar
Anagallis
Unfreundlicher Muffkopf
Beiträge: 1972
Registriert: Mi Jun 22, 2022 7:54 pm
Wohnort: Enzkreis, an der Grenze zum Landkreis Karlsruhe

Re: Aufruf zur Kartierung von Portulak

Beitrag von Anagallis »

Kraichgauer hat geschrieben: Do Sep 14, 2023 11:02 am In den Siedlungen ist praktisch alles P. papillatostellulata, im Kraichgau auch.
Das ist aber mit der gebotenen Vorsicht zu genießen. Nur weil wir in den Siedlungen ausschließlich papillatostellulata fanden, heißt das noch lange nicht, daß es da ein Verbreitungsmuster gibt. Die Stichprobengröße ist viel zu klein, und wir waren auch nur in und am Rand der Oberrheinebene im Großraum Karlsruhe unterwegs.

Daß die Frage zu P. oleracea nun abschließend geklärt ist, und man stellata gleich wieder einstampfen kann, bevor sich der Name durchsetzt, ist natürlich erfreulich.
Dominik
Benutzeravatar
botanix
Beiträge: 454
Registriert: Di Jun 28, 2022 2:28 pm

Re: Aufruf zur Kartierung von Portulak

Beitrag von botanix »

Hallo,
interessante Neuigkeiten.
Nagellack habe ich schon wegen Carex Stomata, eben Objektträger bestellt. Zehn Proben liegen auch schon bereit. Weitere werden gesammelt. Bin gespannt auf die Ergebnisse.
Gruß
Peter
alte Botanikerweisheit: man sieht nur was man kennt
Manfrid
Beiträge: 134
Registriert: Mi Jul 27, 2022 1:15 pm

Re: Aufruf zur Kartierung von Portulak

Beitrag von Manfrid »

Kraichgauer hat geschrieben: Do Sep 14, 2023 11:02 amAn einer Stelle (ein sandiger Acker) gab es alle vier Arten nebeneinander.
Hat schonmal jemand probiert, ob die sich kreuzen lassen und ob die Hybriden steril sind?
Benutzeravatar
Anagallis
Unfreundlicher Muffkopf
Beiträge: 1972
Registriert: Mi Jun 22, 2022 7:54 pm
Wohnort: Enzkreis, an der Grenze zum Landkreis Karlsruhe

Re: Aufruf zur Kartierung von Portulak

Beitrag von Anagallis »

Probiert meines Wissens nach nicht, aber bei zwei unserer gesammelten "trituberculata"-Belege (mit Papillen und 2+ Tuberkeln je Puzzleteil) waren auch Samen dabei, die wie ganz normale papillatostellulata aussahen (nur mit Papillen) - obwohl ich peinlich genau darauf geachtet hatte, immer nur von einer einzigen Pflanze Samen zu sammeln. Es besteht zumindest der Verdacht, daß da Hybriden bei sind.

Die Pflanzen selbt zu kreuzen ist knifflig. Erstens weiß man erst bei Samenreife, was man da eigentlich hat. Man muß also erst passende Samen sammeln, getrennt aufziehen und dann kreuzen und bei Samenreife nochmal veifizieren, daß die Samen mit der vermuteten Mutterart übereinstimmen. Das Kreuzen könnte wegen der kleistogamen Blüten schwierig werden. Ein Ergebnis hat man frühestens nach zwei Jahren.
Dominik
Kraichgauer
Beiträge: 1294
Registriert: Mi Jun 22, 2022 10:18 pm
Wohnort: Bruchsal

Re: Aufruf zur Kartierung von Portulak

Beitrag von Kraichgauer »

Also bei den hexaploiden dürfte es schwierig werden mit der Sexualität, so ein Fall ist m.W. bei Apomikten nicht bekannt. Bei tetraploiden Arten gibt es gelegentlich noch Sexualität, jedenfalls bei Brombeeren etc.
Unsere Arten sind alle hexaploid bis auf die äußerst seltene cypria.

Ich glaube eher, dass manche Arten etwas variable Samen haben, bei denen auch mal die Tuberkel fehlen können.

Gruß Michael
Manfrid
Beiträge: 134
Registriert: Mi Jul 27, 2022 1:15 pm

Re: Aufruf zur Kartierung von Portulak

Beitrag von Manfrid »

Kraichgauer hat geschrieben: Fr Sep 15, 2023 1:27 pmIch glaube eher, dass manche Arten etwas variable Samen haben
Das war eben meine Überlegung auch. Da fragt man sich dann, wie sinnvoll die Artunterscheidung nach Samenschalenstruktur ist.
Benutzeravatar
Anagallis
Unfreundlicher Muffkopf
Beiträge: 1972
Registriert: Mi Jun 22, 2022 7:54 pm
Wohnort: Enzkreis, an der Grenze zum Landkreis Karlsruhe

Re: Aufruf zur Kartierung von Portulak

Beitrag von Anagallis »

Ich hab' mir jetzt etwa von hundertfünfzig Pflanzen die Samen mit der Lupe angeschaut, etwa fünfzig unter dem Bino und von etwa dreißig Lackabdrücke genommen. Die papillostellulata-Struktur (mit Papillen, ohne Tuberkel) war eigentlich immer eindeutig zu erkennen - mit etwas Übung auch mit einer guten Lupe. Ausgereifte Samen von oleracea s. str. = stellata (ohne Papillen und ohne Tuberkel) sind auch leicht zu erkennen. Bei trituberculata-Pflanzen (mit Papillen und Tuberkeln) waren meist Samen dabei, die wie bei papillatostellulata aussahen, d.h. ohne Tuberkel, mit auffälligen Puzzleteilen. Von cypria habe ich nur einen einzigen Beleg und kann da keine Aussage treffen. Bei einer oleracea-Probe waren auch unreife Samen dabei, die auch Tuberkel und Papillen trugen. Es sah aus als verschwänden diese erst mit der Reife, wenn sich die Samenschale weiter aufbläht. Bisherige Quintessenz:

1) Alle geprüften Exemplare ließen sich ohne Klimmzüge einer der vier beschriebenen Sippen und Samenstrukturen zuordnen.
2) Die ganze Angelegenheit erscheint trotzdem etwas fischig.

Demnächst wollte ich mal die Belege im stuttgarter Herbar revidieren. Vielleicht wird die Lage etwas klarer, wenn man Belege aus anderen Gegenden und aus früheren Jahren gesehen hat.
Dominik
Manfrid
Beiträge: 134
Registriert: Mi Jul 27, 2022 1:15 pm

Re: Aufruf zur Kartierung von Portulak

Beitrag von Manfrid »

Anagallis hat geschrieben: Fr Sep 15, 2023 11:52 pm Vielleicht wird die Lage etwas klarer, wenn man Belege aus anderen Gegenden und aus früheren Jahren gesehen hat.
Das bringt bestimmt mehr Sicherheit. Bin gespannt.

Manfrid
Antworten