Kann es alle diese 5 Pflanzen im Moor/Sumpf geben?

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Khalni
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Kann es alle diese 5 Pflanzen im Moor/Sumpf geben?

Beitrag von Khalni »

Moin,

! Achtung, es folgt eine Exkursion in Miniformat ohne botanische Fachkenntnis und garantierten Fehlern, die Frage ist ganz unten. Die Rubrikzuordnung ist durchaus als umstritten anzusehen !

Da es hier im Norden, man mag es kaum glauben, auch mal 3 Tage 15-17°C warm war und der Garten bei mir explodiert, wollte ich auch mal die heimische Natur blühen sehen. Also bin ich ins Naturschutzgebiet "Bollenhagener Moorwald" gegangen und war... ernüchtert.

Erwartet hatte ich auch so schöne Sachen, wie ich hier immer sehe wie Adonis, Gagea, Leucojum, primula, Corydalis, stattdessen sah ich Löwenzahn, Gänseblümchen, Brennnessel die am Trieb überlebt haben und leicht zu übersehen Cardamine hirsuta.

Meist sah es aber eher so aus:
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Oder so:
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Also viel braunes "Gestrüpp", viel Schlamm, viele Schwarzerlen (Alnus glutinosa) , Moor- oder Hängebirken (Betula pendula oder pubescens)

und einige Eichen (Quercus) aus der "Vormoorzeit"
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sowie einige Espen (Populus tremula) (?) die wirklich schön aussahen, so aufstrebend
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Und dann, als ich schon dachte, ich müsste ohne Blüten nachhause eine Kirschpflaume (Prunus cerasifera) (?)
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Nun gut, da es was Blüten anging eher recht mau war, fragte ich mich irgendwann, wo denn die typischen Moorpflanzen sind, also Schilfrohr usw. Meist sah ich neben normalem Gras vor allem solche schönen Grasbüschel:
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Oder auch hier:
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Nach kurzem Nachdenken fiel mir plötzlich das Wort "Binse" ein und ich kam auf Juncus effusus, lese ich den Wiki Eintrag, dass diese dazu neigt, sich flächig auszubreiten und fast schon Monokulturen zu bilden, kann ich dem nur zustimmen, an einer Stelle hat die Tussockgrasartig fast wie in Neuseeland gefühlt einen ganzen Hektar bedeckt, für Naturentfremdete, die eher englischen Rasen gewohnt sind, ein sehr ungewohnter Anblick, aber keineswegs hässlich. Entgegen des Wiki Artikels, der darüber spricht, dass die Pflanzenart ein Sonnenanbeter ist und keinen Halbschatten verträgt habe ich auch stattliche Horste unterm Baum gesehen, eventuell doch nicht Juncus effusus?

Zum Schluss noch auf dem 14m hohen Turm ein kleiner Ausblick, schon was ganz anderes als der typische Wirtschaftswald, muss sagen, Natur gefällt mir mehr, alles ein bisschen wild, alles ein bisschen durcheinander, leider trotzdem kaum mehr als 6-7 Baumarten, naja, besser als nur Fichte.
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Abschließend kann ich folgende Erkenntnisse für mich festhalten:
1. Moorwälder sind im Winter unfassbar trist
2. Ich sollte mich vor dem Besuch des NSGs besser mit den erwartbaren Pflanzenarten auseinandersetzen, um die Besonderen überhaupt zu erkennen
3. Irgendwie kommen in Südde viel mehr Pflanzenarten in der Natur vor, obwohl viele Pflanzenarten bei mir im Garten auf gleicher Höhe, die von weit südlicher kommen, prima wachsen.
4. Birken haben ein ziemlich starkes Wachstum, wenn man bedenkt, dass das Moor keine 20 Jahre alt ist
5. NSG heißt nicht Bannwald, was haben die da alles rumgesägt, tse, anstatt die Natur walten zu lassen.
6. NSGs sind eine ganz andere Welt als urbane Gegenden oder Agrarwüsten

Kurz, es hat sich gelohnt, auch wenn ich keine schönen Bilder fürn Kalender habe :cry: , dafür habe ich meinen Horizont im Moorbereich erweitert und es hat sich eine Frage bei mir ausgebildet, die ich nun stellen möchte.

Da ich mich nun doch ein wenig mit Sumpfpflanzen beschäftigt habe und ich dort nur diesen Juncus gesehen habe, frage ich mich, ob es möglich ist, dass diese 5 Pflanzenarten in dem Gebiet, was ich oben vorgestellt habe, gleichzeigt produktiv vorkommen können:

Typha latifolia, angustifolia
Phragmites australis
Schoenoplectus lacustris
Cladium mariscus
Juncus effusus

? Wenn nein, welche nicht und warum? Ich glaube, ich muss im Sommer nochmal dahingehen, vielleicht sehe ich dann ja noch andere Sumpfgräser als diese eine gezeigte Binse, da der Standort dort allerdings wohl früher Ackerland war, denke ich, dass die anderen wie z.B. Cladium mariscus den Weg dorthin noch nicht geschafft haben, wäre es vielleicht sinnvoll, dort zu helfen? Es wäre doch wenig sinnig, dort nur diesem Juncus ein Habitat zu geben.
LG Khalni
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Anagallis
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Re: Kann es alle diese 5 Pflanzen im Moor/Sumpf geben?

Beitrag von Anagallis »

Khalni hat geschrieben: So Mär 19, 2023 8:05 pm Erwartet hatte ich auch so schöne Sachen, wie ich hier immer sehe wie Adonis, Gagea, Leucojum, primula, Corydalis
Denen ist es da zu feucht. Inwieweit die Arten in Deiner Gegend überhaupt vorkommen, wäre separat zu klären.
Löwenzahn, Gänseblümchen, Brennnessel die am Trieb überlebt haben und leicht zu übersehen Cardamine hirsuta.
Alles Indikatoren für viele Nährstoffe im Boden. Moore sind typischerweise eher nährstoffarm. Das kann auf menschlichen Einfluß hindeuten.
4. Birken haben ein ziemlich starkes Wachstum, wenn man bedenkt, dass das Moor keine 20 Jahre alt ist
Da haben wir ja die Ursache für die Überdüngung.
Da ich mich nun doch ein wenig mit Sumpfpflanzen beschäftigt habe und ich dort nur diesen Juncus gesehen habe, frage ich mich, ob es möglich ist, dass diese 5 Pflanzenarten in dem Gebiet, was ich oben vorgestellt habe, gleichzeigt produktiv vorkommen können:

Typha latifolia, angustifolia
Phragmites australis
Schoenoplectus lacustris
Cladium mariscus
Juncus effusus
Cladium wirst Du da nicht finden, die mag magere Standorte, im Gegensatz zu den anderen Arten, die keine Kostverächter sind.
dass die anderen wie z.B. Cladium mariscus den Weg dorthin noch nicht geschafft haben, wäre es vielleicht sinnvoll, dort zu helfen?
Nein. Das Moor ist eine artenarme Wüste eben wegen zu viel Nährstoffen. Bis die aus dem Moor verschwunden sind, kann es noch Jahrzehnte dauern.
Dominik
Maltus
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Re: Kann es alle diese 5 Pflanzen im Moor/Sumpf geben?

Beitrag von Maltus »

Hallo,
ein paar Anmerkungen:
(1) Ist der Bollenhagener Moorwald wirklich ein NSG? Ich habe im Netz keine Hinweise dafür gefunden. Das Gebiet ist eine seit 15 Jahren bestehende Ausgleichsfläche, die seitdem renaturiert wird. Wenn*s kein NSG ist, dann sind menschliche Eingriffe nichts Außergewöhnliches.
(2) Manche Flächen, die über ein größeres Spektrum an seltenen Arten verfügen, starten mit dem Vegetationszyklus später ins Jahr. Das gilt meiner Erfahrung nach für Moore, z.B. aber auch für die Lech-Schotterheiden bei uns im südlichen Bayern. Wenn du die jetzt besuchst: alles braun. Höchstens ein wenig Erica carnea, Carex humilis und am Rand Daphne mezereum. Erst im Lauf des April geht's mit dem Wachstum richtig los, aber dann mit Macht.
(3) Auch wenn du dich vorab über das Artenspektrum einer Fläche informierst: die Erwartungen eher ein wenig tiefer hängen. Denn in Mooren, die als NSGe ausgewiesen sind, gibt es strikte Betretungsverbote bzw. Wegegebote - nur ein kleiner Teil der Fläche ist überhaupt zugänglich, aus guten Gründen.
Freundliche Grüße
Georg
Khalni
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Re: Kann es alle diese 5 Pflanzen im Moor/Sumpf geben?

Beitrag von Khalni »

Moin Georg,

So genau weiß ich es gar nicht, ich war der wohl irrigen Annahme, ein Ausgleichsgebiet sei automatisch ein NSG, aber habe von Flächenmanagement auch eher weniger Ahnung.

Ich Versuche nochmal im April-Mai zurückzukommen, dann hoffe ich mehr Blüten sehen zu können oder zumindest Blattaustriebe.
LG Khalni
Kraichgauer
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Re: Kann es alle diese 5 Pflanzen im Moor/Sumpf geben?

Beitrag von Kraichgauer »

Anagallis hat geschrieben: So Mär 19, 2023 8:26 pm Nein. Das Moor ist eine artenarme Wüste eben wegen zu viel Nährstoffen. Bis die aus dem Moor verschwunden sind, kann es noch Jahrzehnte dauern.
Äh, ein intaktes, nährstoffarmes, saures (Hoch-)moor ist ebenfalls eine artenarme Wüste, sogar viel eher als das degradierte Moor. Aber es überleben dort halt einige wenige Spezialisten, die man nur dort findet.
Die richtig artenreichen Feuchtwiesen findet man nur in der Umgebung.

Gruß Michael
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