Pilosella aequimontis - Gleichberg-Mausohrhabichtskraut

Zeigt hier eure Pflanzenbilder, zu denen keine Bestimmung mehr benötigt wird
Antworten
Kraichgauer
Beiträge: 1225
Registriert: Mi Jun 22, 2022 10:18 pm
Wohnort: Bruchsal

Pilosella aequimontis - Gleichberg-Mausohrhabichtskraut

Beitrag von Kraichgauer »

Hallo zusammen,

Der Große Gleichberg in Südthüringen ist in vieler Hinsicht ungewöhnlich. Der mit 300 m über der Ebene sehr prominente (Gesamthöhe 679 m), weithin isolierte und sichtbare Berg ist ein alter Basalt-Gebirgsstock. Auf ihm befanden sich mehrere große Steinbrüche, die noch lange in Betrieb waren. Außerdem benutzte der Ostblock den Berg, um über die nur wenige km entfernte Zonengrenze hinausspionieren zu können - heute ist nur noch ein Fernmeldeumsetzer auf dem Berg. Letzterer ist mittlerweile als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Die Sohle und Hänge des alten Basaltsteinbruchs waren in den 1990er Jahren ein weitläufiges Paradies für verschiedenste Habichtskraut-Arten und wurden gleich nach der Wende von vielen Botanikern besucht. Mittlerweile ist trotz NSG sehr viel zugewachsen, aber es gibt immer noch große Bestände interessanter Mager- und Schuttvegetation. Nicht weniger als 10 Pilosella-Arten wurden aus der Umgebung des Großen Gleichbergs und vom Berg selber gemeldet (siehe die Flora der Hassberge und des Grabfelds von Lenz Meierott).

Darunter befindet sich auch die von hier beschriebene Pilosella aequimontis (Gottschl. & Meierott) S. Bräut. & Greuter ex Gottschl. & S. Bräut. 2021 (= Hieracium aequimontis Gottschl. & Meierott 2007), eine Zwischenform zwischen P. cymosiformis (dem alten "Hieracium fallax") und P. glomerata. Sie kommt hier im Gemisch mit mehreren anderen Pilosellinen (mindestens 4-5, insbesondere P. fallacina) vor, aber interessanterweise ist die eine verwandte Art, P. cymosiformis, nicht vertreten.
P. aequimontis lässt sich im Gelände leicht von den Begleitarten unterscheiden, was damals den Erstbeschreibern schon sofort ins Auge fiel. Die gesamte Pflanze ist nämlich auffällig graugrün und matt durch dichte und kurze Behaarung, während die anderen begleitenden Arten deutlich glänzendere Stängel oder sogar Blätter haben. Die Stängel sind auffällig dick. Der Blütenstand erinnert an die Hauptart P. cymosiformis. Der "Echinina-Einfluss" ist daher deutlich, wie bereits Gottschlich & Meierott in der Erstbeschreibung betonen. Genaueres kann man dort nachlesen.

Für den Band 3 der Flora Germanica brauchte ich noch dringend Photos, was jetzt erst beim dritten Anlauf gelang - beim ersten Mal war der Weg bereits unten im Dorf abgesperrt und ich hatte spätnachmittags keine Zeit mehr, hochzulaufen, beim zweiten Mal in der Dürre 2018/2019 blühten kaum Exemplare und leider keine aequimontis. Jetzt hat es endlich geklappt - das feuchtere Frühjahr hat viele Arten zum Blühen gebracht. Die Bestände von aequimontis sind aber deutlich zurückgegangen, von "Tausenden" kann keine Rede mehr sein, sondern eher so rund 100 Stück. P. aequimontis ist außerdem aus der Umgebung (Grabfeld) noch von einigen wenigen weiteren Standorten bekannt geworden.

Außerdem fanden wir noch viele interessante Potentillen, darunter eine, die wir zunächst für eine neue collina-Sippe hielten - auch das wäre für den Band 3 und die gerade laufende Dissertation an der Uni Zürich über die collina-Gruppe sehr schön gewesen. Es stellte sich aber heraus, dass die Sippe schon bekannt war, von Thomas Gregor untersucht worden war und den Hybriden (P. x semiargentea Borbás) zwischen der hier häufig vorkommenden P. argentea und der ebenfalls vertretenen, generell sehr seltenen P. inclinata darstellt. So was hatte ich auch noch nie gesehen.
Dazu kommt noch die generell ebenfalls seltene, äußerst charakteristische Potentilla thuringiaca mit ihren orangefarbenen Blüten hier an den halbschattigen Säumen vor.

Gruß Michael
Dateianhänge
Pilosella aequimontis 1 GrGleichberg 23 A02.jpg
Pilosella aequimontis 1 GrGleichberg 23 A02.jpg (147.6 KiB) 181 mal betrachtet
Pilosella aequimontis 1 GrGleichberg 23 A04.jpg
Pilosella aequimontis 1 GrGleichberg 23 A04.jpg (259.72 KiB) 181 mal betrachtet
Pilosella aequimontis 1 GrGleichberg 23 A09.jpg
Pilosella aequimontis 1 GrGleichberg 23 A09.jpg (325.88 KiB) 181 mal betrachtet
Pilosella aequimontis 3 GrGleichberg 23 A02.jpg
Pilosella aequimontis 3 GrGleichberg 23 A02.jpg (317.24 KiB) 179 mal betrachtet
Antworten