Mentha rotundifolia?

Bestimmungsanfragen für europäische Wildpflanzen.
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Jochen
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Mentha rotundifolia?

Beitrag von Jochen »

Liebe Pflanzenfreunde!

Seit 2 Wochen beobachte ich diese Minze auf der Erddeponie bei Hardt/Schramberg, Schwarzwald. Wegen des stark behaarten Stängels bin ich jetzt bei M. rotundifolia gelandet. Was meinen die Experten?

Mit Dank im Voraus
Jochen
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Anagallis
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Re: Mentha rotundifolia?

Beitrag von Anagallis »

Zuerst muß man festhalten, daß verschiedene Sippen mit dem Namen "rotundifolia" belegt sind. M. rotundifolia auct. ist ein Synonym von M. suaveolens Ehrh.. Die BW-Karten sind voller Falschmeldungen für dieses Taxon, obwohl der Hybrid M. suaveolens x longifolia = M. xrotundifolia gemeint war. Das liegt an einer unsauberen Erfassung und Trennung der Taxa in der BW-Datenbank. Es sollte grundsätzlich nie M. rotundifolia geldet werden, sondern entweder M. suaveolens oder M. xrotundifolia.

Es handelt sich in keinem Fall um M. suaveolens, soweit ist das sicher.

Dann ist diese Gattung mit Hybriden verseucht, die in der Regel das ganze Spektrum zwischen den Elternarten abdecken können. Hybriden erkennt man an den tauben Früchten gepaart mit der vegetativen Vermehrung - sie bilden dann größere Kolonien. Manche Hybriden bilden jedoch fertile Früchte.

Mindestens können Pflanzen von M. xrotundifolia Formen von M. xvillosa ähneln, die wiederum sterile Früchte bilden. Der alte Rothmaler erlaubte noch die Unterscheidung "Früchte entwickelt" -> xrot., "Früchte taub -> xvil.". In der Neubearbeitung wurde dies zurückgezogen.

Ich persönlich vermag diese Sippen nicht ohne Geruchsprobe zu unterscheiden. Dazu muß man den Geruch der Arten M. suaveolens/spicta/longifolia gut kennen. Die genannten Hybriden haben auch einen intermediären Geruch, d.h. xrotundifolia riecht eher nach einer Mischung aus longifolia und suaveolens, während xvillosa nach spicata und suaveolens riecht. Dabei ergibt sich das weitere Problem, daß als longifolia kartierte Pflanzen auch wieder oft ein Hybrid sind und nicht charakteristisch riechen (d. h. nicht so stinken wie die Art), und die spicata in der Landschaft wiederum oft aus Gartenabfällen stammen und züchterisch bearbeitet oder gekreuzt sind, also auch nicht typisch riechen (meist mit Einfluß von aquatica, d. h. xpiperita nahe stehen).

Fazit: Im M. spicata agg., von dem wir hier reden, ist ohne eine Prüfung aller angegebenen Schlüsselmerkmale, insbesondere der Früchte, der Behaarung, der Blattform und auch des Geruchs, eine sichere Ansprache in der Regel nicht möglich. (Nicht viel besser ist das piperita agg. in dem sich kurioserweise M. spicata befindet.) Gut ansprechbar sind eigentlich nur M. pulegium/arvensis/longifolia/aquatica.

P.S.: Der Schlüssel auf Flora-De täuscht vor, daß die Bestimmung recht simpel wäre, aber das ist nicht so.
Dominik
Jochen
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Re: Mentha rotundifolia?

Beitrag von Jochen »

Das ist ja eine ernüchternde Auskunft.

Herzlichen Dank
Jochen
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botanix
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Registriert: Di Jun 28, 2022 2:28 pm

Re: Mentha rotundifolia?

Beitrag von botanix »

Hallo,
Den Ausführungen von Dominik stimme ich vorbehaltlos zu.
Das Einzige, was ich an Minzen mag, ist Pfefferminztee…
Gruß
Peter
alte Botanikerweisheit: man sieht nur was man kennt
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