Straßenbaum

Bestimmungsanfragen kultivierter Arten.
Forumsregeln
Bitte immer den Fundort (Land, Stadt, Habitat etc.) und das Funddatum angeben.
Antworten
Benutzeravatar
Anagallis
Unfreundlicher Muffkopf
Beiträge: 2624
Registriert: Mi Jun 22, 2022 7:54 pm
Wohnort: Enzkreis, an der Grenze zum Landkreis Karlsruhe

Straßenbaum

Beitrag von Anagallis »

ca. 15.10.2023, Enzkreis, Straßenbaum

Ich krieg's nicht raus. Zum Baum gehört noch eine sehr kräftige, dicke Borke, also keine Platane. Die Fruchtkugel hat vielleicht 3 cm Durchmesser. Das Blatt war ursprünglich etwa handgroß.

IMG_20231018_215315.jpg
IMG_20231018_215315.jpg (152.82 KiB) 3233 mal betrachtet
IMG_20231018_215550.jpg
IMG_20231018_215550.jpg (188.07 KiB) 3233 mal betrachtet
Dominik
Benutzeravatar
abeja
Beiträge: 1044
Registriert: Sa Jul 02, 2022 8:54 pm
Wohnort: da, wo D an CH und F grenzt

Re: Straßenbaum

Beitrag von abeja »

Hallo Dominik,
Blatt und Frucht stammen von einem Amberbaum, Liquidambar styraciflua.

https://www.baumkunde.de/Liquidambar_styraciflua/
Viele Grüße von abeja
Benutzeravatar
Anagallis
Unfreundlicher Muffkopf
Beiträge: 2624
Registriert: Mi Jun 22, 2022 7:54 pm
Wohnort: Enzkreis, an der Grenze zum Landkreis Karlsruhe

Re: Straßenbaum

Beitrag von Anagallis »

Danke. Wird der häufiger gepflanzt? Ist mir noch nie aufgefallen. Auf der Karte ist eine einzige Verwilderung für's ganze Bundesland.
Dominik
Kraichgauer
Beiträge: 1697
Registriert: Mi Jun 22, 2022 10:18 pm
Wohnort: Bruchsal

Re: Straßenbaum

Beitrag von Kraichgauer »

Er wird zumindest zunehmend gepflanzt, anscheinend verspricht man sich davon Klimatoleranz, und außerdem hat er eine sehr dekorative, knallbunte Herbstfärbung. An Straßen und auf Friedhöfen sehe ich ihn immer öfter.
Es gibt übrigens zwei einander überraschend ähnliche Arten, die in Frage kommen, den ostmediterranen Liquidambar orientalis Mill. und den amerikanischen Liquidambar styraciflua L. Ich habe ehrlich gesagt noch nie darauf geachtet, welche bei uns gepflanzt wird, ich glaube aber der Amerikaner.

Gruß Michael
Benutzeravatar
abeja
Beiträge: 1044
Registriert: Sa Jul 02, 2022 8:54 pm
Wohnort: da, wo D an CH und F grenzt

Re: Straßenbaum

Beitrag von abeja »

Hallo,
ich sehe den Baum hier auch öfter, er fällt besonders im Herbst auf ... Straßenrand, Friedhof, aber auch in privaten Gärten, uralt sind die alle noch nicht. Die Mode hat irgendwann begonnen.
Von Verwilderung habe ich noch nichts gesehen oder gelesen.
Der orientalische Amberbaum ist weniger frosthart und hin und wieder in Parks zu finden, ebenso wie seltenere asiatische Arten.
Der orientalische Amberbaum hat die Loben nochmals etwas gelappt, man muss da besonders auf den mittleren Lappen schauen und ob das bei allen ausgewachsenen Blättern so ist.

Ich hatte bei Baumkunde mal einen Baum angefragt, der in einem Park falsch ausgeschildert war. Da gab es verschiedene Blätter.

https://www.baumkunde.de/forum/viewtopi ... lis#p86551
https://www.baumkunde.de/Liquidambar_orientalis/
https://www.baumkunde.de/Liquidambar_formosana/
Viele Grüße von abeja
Felix
Beiträge: 55
Registriert: Sa Jul 02, 2022 8:53 pm

Re: Straßenbaum

Beitrag von Felix »

Moin,

das mit der Klimatoleranz ist auch schon im Forst angekommen. Einzelne abenteuerlustige Waldbesitzer fangen an, mit dem Amberbaum zu experimentieren.

Aber weil es (nich) keine belastbaren Erkenntnisse aus Anbauversuchen o.Ä. gibt, ist das alles noch nicht Spruchreif. Die Meisten Menschen im Forstsektor wollen so Späße wie die Spätblühende Traubenkirsche nicht wiederholen...

LG, Felix
Spinnich
Beiträge: 295
Registriert: Mo Okt 24, 2022 1:24 pm

Re: Straßenbaum

Beitrag von Spinnich »

Die Wahrscheinlichkeit für den Amberbaum invasiv zu werden erscheint mir nicht allzu hoch.
Er ist zumindest innerhalb normaler dicht bestandener Wälder sicher konkurrenzschwach. Eher gedeiht er noch in lichten Eichenwäldern, an Waldrändern und in Auwäldern.
Auf infoflora.ch wird er als Indigenat bezeichnet, also Kultivierte Pflanze ohne Tendenz zur Verwilderung.
In einer Schweizer Baumschule, die eine Liste über Neophyten mit inva­sivem Potential (Infor­ma­ti­ons­pflicht) und über invasive Neophyten (verbotene Arten) aufzeigt, werden alternative Arten den gefährlichen Neophyten gegenüber gestellt.
Z.B.: Trachy­carpus fortunei (Hanf­palme) > inva­sives Potential > Vor allem im Tessin verdrängt die Hanfpalme die einheimische Flora.
Alternativen: Koelreuteria paniculata, Catalpa bignonioides ‘Nana’, Acer platanoides ‘Globosum’, Liquidambar styraciflua ‘Gumball’, Ginkgo biloba ‘Mariken’
Auf Grund seiner langen und astfreien Stämme und des äußerst wertvollen Holzes erreicht er immer größere forstliche Bedeutung in Nordamerika.

Er gehört zu den leistungsfähigsten Laubbaumarten der gemäßigten Zonen. In den USA kann er bis zu 45 Meter Höhe und einen Brusthöhendurchmesser des Stammes von über 1,5 Meter erreichen. Der absolute Rekord liegt bei sagenhaften 65 Metern Wuchshöhe und einem Brusthöhendurchmesser von mehr als 2,5 Metern. In Mitteleuropa wächst er viel langsamer und erreicht Höhen von 15-20 m. Wegen des geraden Stammes und des wertvollen Holzes dennoch in Zeiten des Klimawandels eine überlegenswerte Alternative auch für Pflanzung in Mischwäldern mit tiefgründigem Boden.

Diese Baumart war bis zum Ende des Pliozän auch in Europa heimisch und viele andere Arten waren während der Eiszeiten bei uns ebenfalls ausgestorben und wurden erst wieder angesiedelt bzw. konnten aus Refugien wieder nach Mitteleuropa einwandern.

Es spricht also einiges dafür solche Baumarten bei uns zu erproben.

LG Spinnich ;)
Kraichgauer
Beiträge: 1697
Registriert: Mi Jun 22, 2022 10:18 pm
Wohnort: Bruchsal

Re: Straßenbaum

Beitrag von Kraichgauer »

In diesem Konvolut, offensichtlich aus verschiedenen Quellen, stecken einige sachliche Fehler. Nicht der amerikanische Amberbaum war voreiszeitlich bei uns heimisch, sondern die Gattung! Welche Art, das weiß man möglicherweise gar nicht.
Und "diese Baumart" ist nicht nach Mitteleuropa wieder eingewandert, sondern die Gattung steckt nach wie vor in ihren glazialen Refugien fest, so auch der Orientalische Amberbaum, der nur in der Türkei (und auf Rhodos) heimisch ist, oder der amerikanische in den (Süd-)Appalachen. Von "Wiedereinwanderung in Mitteleuropa" "aus Refugien" kann keine Rede sein.

Und es spricht nichts (!) dafür, solche Baumarten bei uns zu erproben, es sei denn, die Holzwirte wollen Holzproduktion betreiben, das hat aber mit Ökologie genauso wenig zu tun wie ein Maisacker. Liquidambar kann bei uns kein heimisches Ökosystem sinnvoll unterstützen. Und wir werden ja kaum nach Nordamerika pilgern wollen und alle Pilzmykorrhiza und Insekten in Eimern hier einschleppen? Dann hätten wir ein amerikanisches Ökosystem...
Die Holzwirte, vulgo Forstbehörden, fangen bei uns auch wieder mit dem Promoten von Roteiche und Douglasie an, statt den Umbau von Wäldern in klimatolerante, lichte Strukturen mit heimischen Ökosystemen zu fördern. Genauso problematisch.

Ich habe kein Problem mit der Pflanzung auf Friedhöfen, in Stadtparks oder in Gärten, wenn dadurch keine heimischen Arten verdrängt werden. Aus dem Wald soll so was aber bitte rausbleiben.

Gruß Michael
Spinnich
Beiträge: 295
Registriert: Mo Okt 24, 2022 1:24 pm

Re: Straßenbaum

Beitrag von Spinnich »

Hallo Michael,

sicher wissen wir eventuell nicht welche Art Amberbaum bei uns heimisch war und mit welcher heute lebenden sie am nächsten verwandt war.
Aber von einer Einwanderung des Amberbaumes aus Refugien hatte ich nichts geschrieben.
Das betrifft andere in Mitteleuropa ausgestorbene Baumarten (-Gattungen), die etwa aus dem Kaukasus wieder nach Mitteleuropa zurück gefunden haben oder von den Römern hier angesiedelt wurden.

Das weitere Bäume wie Liriodendron inzwischen forstlich erprobt werden, ist für mich durchaus sinnvoll.
Man kann bei der Pflanzung und Nutzung einen ökonomischen Nutzen gegen den Managementaufwand gegenüberstellen.
Bei der Douglasie ist es auch strittig, ob und wo sie invasiv werden kann.
Das die Roteiche dazu tendiert würde ich aber schon sagen, da habe ich schon Reinbestände gesehen
Unsere Fichtenmonokulturen sind ja auch kein Naturwald so wenig wie Waldkiefern an den falschen Standorten.

Natürlich ist es sinnvoll den Umbau von Wäldern in klimatolerante, lichte Strukturen mit heimischen Ökosystemen zu fördern,
aber die Holzgewinnung ist eben auch hierzulande eine Notwendigkeit und immer noch besser als den Raubbau an Tropenholz zu fördern.
Viele solche Edelhölzer können durch Robinie ersetzt werden. Nicht dass wir die auch noch hier pflanzen sollten, aber in Europa gibt es bereits große Waldbestände.

Dass unsere Tierwelt mit den Arten gar nichts anfangen kann, kann man auch nicht sagen.
Darüber hinaus sehe ich keinen Grund artenarme Monokulturen im Forst zu hegen, wenn dies aus geänderten klimatischen Bedingungen nicht nachhaltig funktioniert.

LG Dieter
Antworten