Arum maculatum: Varietäten und Formen im Rothmaler?

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Alexander
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Arum maculatum: Varietäten und Formen im Rothmaler?

Beitrag von Alexander »

Hallo miteinander,

in verschiedenen Büchern, zum Beispiel in "Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs" Band 8, oder auch in "Illustrierte Flora von Mitteleuropa" von Hegi in der Auflage von 1980 wird Arum maculatum in zwei Variationen unterteilt. Und zwar in Arum maculatum var. maculatum mit gefleckter Spatha und gefleckten Laubblättern, und in Arum maculatum var. immaculatum mit ungefleckter Spatha und meist ungefleckten Laubblättern.
In der 21. Auflage des "Rothmaler" Exkursionsflora von Deutschland - Gefäßpflanzen: Grundband sind die Variationen nicht berücksichtigt. Mich würde nun sehr interessieren, ob in der 22. Auflage das auch so gehandhabt wird, oder ob die Variationen im neuen Rothmaler geschlüsselt sind.

Grüße
Alex
Maltus
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Re: Arum maculatum: Varietäten und Formen im Rothmaler?

Beitrag von Maltus »

Hallo Alex,
nein, Rothmaler 22. Aufl. unterscheidet bei Arum maculatum nicht in Varietäten.
Freundliche Grüße
Georg
Alexander
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Re: Arum maculatum: Varietäten und Formen im Rothmaler?

Beitrag von Alexander »

Hallo Georg,

vielen Dank für die Info!

Grüße
Alexander
Kraichgauer
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Re: Arum maculatum: Varietäten und Formen im Rothmaler?

Beitrag von Kraichgauer »

Das ist ein reines Platzproblem. Der Rothmaler muss und will ein handlicher, tragbarer Feldführer bleiben. Deshalb sind alle m.o.w. wenig relevanten infraspezifischen Taxa nicht aufgenommen, sofern sie nicht wirklich wichtig sind. Ob man so was unterscheiden will, bleibt jedem selber überlassen.

Gruß Michael
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botanix
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Re: Arum maculatum: Varietäten und Formen im Rothmaler?

Beitrag von botanix »

Hallo,
das sind doch nur Farbflecken, wechselt innerhalb der Bestände mit ungefleckten Pflanzen. Ist bei Orchis mascula genauso. Meines Erachtens allenfalls eine Form, sowas ist eher unwichtig. Varietäten werden im Rothmaler oft nicht mehr aufgeführt.
Gruß
Peter
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Felix
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Re: Arum maculatum: Varietäten und Formen im Rothmaler?

Beitrag von Felix »

Moin
das sind doch nur Farbflecken
Der Düll/Kutzelnigg behauptet dazu, die ungefleckten Individuen seien diploid, die gefleckten tetraploid. Ich kann die Chromeosomenzahlen nicht überprüfen und kenne auch die Primärquelle nicht, aber das wäre ja zumindest schonmal ein greifbarer Unterschied.

LG, Felix
Kraichgauer
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Re: Arum maculatum: Varietäten und Formen im Rothmaler?

Beitrag von Kraichgauer »

Das hat mir jetzt keine Ruhe gelassen und ich hab' es mal recherchiert. Alles scheint auf einen Fehlschluss diverser sekundärer Florenschreiber zurückzugehen. [OT: Da haben wir es heutzutage deutlich einfacher, weil die Originalliteratur u.a. auf Zobodat sofort greifbar ist. Wie schwer war es doch vor Jahrzehnten, als wir alle noch in die Bibliotheken mussten...]

Präzise wird es von Riedl (1967) zusammengefasst (https://www.zobodat.at/pdf/PHY_12_1_4_0159-0168.pdf), darin geschildert die recht chaotischen Versuche in älteren Floren, infraspezifische Varietäten in den Arum Mitteleuropas abzugrenzen, plus die Abgrenzung von "nur noch" zwei Varietäten durch Riedl.
Riedl schreibt:
"Daraus sind nun folgende Schlüsse möglich :
a. Arum maculatum ist im ganzen Verbreitungsgebiet in zahlreiche, lokale Rassen aufgespalten, die sich nur durch die Chromosomenzahlen und nach ihrer Herkunft sicher unterscheiden lassen, da sehr häufig konvergente Abweichungen auftreten. Diese Hypothese ist durchaus vertretbar, kann aber nur durch zytologische Untersuchungen aus allen Teilen des Areals bewiesen werden.
b. In Anbetracht der schon lange bekannten, außerordentlich hohen Instabilität des Chromosomensatzes bei Araceen kann man annnehmen, daß Verschiedenheiten in der Chromosomenzahl systematisch überhaupt kein bedeutender Wert zukommt und ein sicheres Trennen von infraspezifischen
Taxa nach wie vor nur morphologisch möglich ist. Auch darüber könnten nur ausgedehntere zytologische Untersuchungen an natürlichen Populationen Aufschluß geben
."
Riedl schlägt vor, eine ungefleckte "var. immaculatum Reichenb." zu definieren. Aber er konstatiert explizit, dass dies NICHT mit der Zytologie korreliert!

Nur in Dänemark (!) gibt es eine bewiesenermaßen diploide Population ("subsp. danicum Prime"); die von Riedl aber als unbedeutendes Synonym von var. immaculatum gezählt wurde. Das heißt aber NICHT, dass var. immaculatum immer diploid ist! Dieser Fehlschluss scheint sich bei späteren Autoren wie Düll/Kutzelnigg verbreitet zu haben und wird wohl immer wieder abgeschrieben. Wenn man googelt, findet man diese Behauptung regelmäßig, aber nur in Sekundärquellen.

Die große Masse bei Arum maculatum, inklusive der ungefleckten Varietäten, ist tetraploid, und so wird Arum maculatum auch praktisch überall gezählt (vgl. ccdb.tau.ac.il, leider derzeit offline, oder Senckenberg Chromosomes sowie z. B. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3978243/ und die darin zitierte Literatur). Aus D gibt es zugegebenermaßen nur sehr wenig Zählungen, diese aber ebenfalls tetraploid.

Gruß Michael
Manfrid
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Re: Arum maculatum: Varietäten und Formen im Rothmaler?

Beitrag von Manfrid »

Kraichgauer hat geschrieben: So Okt 22, 2023 6:00 pm Riedl schreibt:
"... In Anbetracht der schon lange bekannten, außerordentlich hohen Instabilität des Chromosomensatzes bei Araceen kann man annehmen, daß Verschiedenheiten in der Chromosomenzahl systematisch überhaupt kein bedeutender Wert zukommt und ein sicheres Trennen von infraspezifischen
Taxa nach wie vor nur morphologisch möglich ist."
In jedem Falle ein sehr hübscher Hinweis darauf, dass es unsinnig ist, karyologischen Befunden größeres Gewicht bei taxonomischen Fragen einzuräumen als den offensichtlich-morphologischen und -ökologischen!

Manfrid
Kraichgauer
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Re: Arum maculatum: Varietäten und Formen im Rothmaler?

Beitrag von Kraichgauer »

Manfrid hat geschrieben: Mo Okt 23, 2023 10:06 am In jedem Falle ein sehr hübscher Hinweis darauf, dass es unsinnig ist, karyologischen Befunden größeres Gewicht bei taxonomischen Fragen einzuräumen als den offensichtlich-morphologischen und -ökologischen!

Manfrid
Im Prinzip stimme ich zu, aber unsinnig ist es keinesfalls. Die Zytologie kann (!) ein Hinweis sein, ist aber zweifellos kein finaler Beweis für das Vorliegen einer getrennten Sippe. Es gibt auch Gegenbeispiele, bei denen die Zytologie durchaus in die richtige Richtung gewiesen hat und das Finden einer kryptische Sippe ermöglicht hat. Beispiel z. B. die diploide Küstensippe von Arabidopsis arenosa.

Gruß Micahel
Manfrid
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Re: Arum maculatum: Varietäten und Formen im Rothmaler?

Beitrag von Manfrid »

Kraichgauer hat geschrieben: Di Okt 24, 2023 12:59 pm
Manfrid hat geschrieben: Mo Okt 23, 2023 10:06 am In jedem Falle ein sehr hübscher Hinweis darauf, dass es unsinnig ist, karyologischen Befunden größeres Gewicht bei taxonomischen Fragen einzuräumen als den offensichtlich-morphologischen und -ökologischen!

Manfrid
Im Prinzip stimme ich zu, aber unsinnig ist es keinesfalls...
Da muss ich jetzt mal ein wenig sortieren. Was ist "es"? Wenn Du damit meinst, "karyologischen Befunden größeres Gewicht bei taxonomischen Fragen einzuräumen als den offensichtlich-morphologischen und -ökologischen", dann wüsste ich nicht, wie Du mir "im Prinzip zustimmen" kannst. Ich hatte es für unsinnig erklärt, Du für keinesfalls unsinnig. - Ich denke, wir sind uns einig darin, dass es Fälle gibt, "bei denen die Zytologie durchaus in die richtige Richtung gewiesen hat...". Sie ist also nicht unsinnig. Ich hatte auch nicht das Gegenteil behauptet, sondern mich nur gegen ihre Überbewertung gewendet.
Kraichgauer hat geschrieben: Di Okt 24, 2023 12:59 pmDie Zytologie kann (!) ein Hinweis sein, ist aber zweifellos kein finaler Beweis für das Vorliegen einer getrennten Sippe.
Einen finalen Beweis für das Vorliegen einer getrennten Sippe gibt es gar nicht; auch nicht bei zusätzlicher Berücksichtigung der morphologischen und ökologischen Befunde. Beim Trennen oder Vereinigen von Sippen kommt man nie ohne Definitionen, ohne eine Art Verabredungen aus. Darum auch mein Reden, dass die ständigen Namensänderungen nicht nur für die Verständigung eine Katastrophe, sondern obendrein fadenscheinig begründet sind. Man fährt da ja erstaunlich zweigleisig: Die Nomenklaturregeln schreiben vor, dass Namen beibehalten werden müssen, auch wenn sie Latein- bzw. Griechischfehler enthalten oder inhaltlich "falsch" sind (Scilla peruviana kommt nicht aus Peru usw., usw.). Das ist natürlich sinnvoll, um Chaos, um Verständigungsblockaden zu vermeiden. Die Namen werden einfach historisch genommen. Wenn aber ein "Papst" behauptet, mit neuen Namen (oder auch neuen Familienzuordnungen) die Abstammungsverhältnisse, den "tree of life" genauer wiederzugeben, dann wird das Chaos nur zu oft als notwendiger Preis für den Fortschritt akzeptiert - trotz aller oft zugegebenen äußerst "gewagten" (um nicht zu sagen: unmöglichen) Vorannahmen bei der Stammbaum-Rekonstruktion (konstante Mutationsraten, Zuordnung von Basensequenzen zu selektionsrelevanten oder nicht selektionsrelevanten Merkmalen etc.). Und da spielt die Überbewertung der Zytologie eben eine äußerst fatale Rolle - nicht die Zytologie natürlich.
(Noch hinter diesem Problem steht allerdings die Unklarheit darüber, was man sich von einer Rekonstruktion der Abstammungsverhältnisse eigentlich verspricht. In Wirklichkeit geht es um Vergleichbarkeiten, gar nicht um Abstammungsverhältnisse.)

Manfrid
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