Schoenoplectiella supina (L.) Lye - Liegende Teichsimse
Verfasst: Di Jul 23, 2024 10:22 pm
Hallo zusammen,
"once in a blue moon" heißt im Englischen "alle Jubeljahre", und das trifft auf die Blühperioden dieser Nanocyperion-Art zu. Sie dürfte zu den seltensten deutschen Pflanzenarten gehören. Damit sie aus der Diasporenbank wieder auftaucht, müssen alle Bedingungen stimmen: reichliche Frühjahrsregen und eintrocknende Schlammböden in feuchten Ackersenken (und außerdem keine Herbizide). Das wiederholt sich allenfalls alle 10 oder 20 Jahre, so dass viele Botaniker sie noch nie im Leben gesehen haben. Das mit dem Finden ist noch schwieriger als bei den ebenfalls dafür berüchtigten Lindernia procumbens und Elatine alsinastrum.
Da die Art außerdem klein, zierlich und unauffällig ist, ist es sehr schwer, sie nicht zu übersehen (vgl. das zweite Bild unten als Suchbild), und die Bewirtschaftung des Ackers muss außerdem passen. In den vergangenen Dürrejahren blieb sie erwartungsgemäß ganz aus.
Im Rhein-Tiefgestade gibt es einige wenige Stellen, die aber manchmal überraschend lange bekannt sind. Das "Hauptvorkommen" in einem Acker nahe von Philippsburg kennt man seit 1843! Aber auch damals war die Art eine äußerst sporadische Rarität und galt schon bei Döll (1857) an einigen Stellen als verschollen.
Nachdem das Vorkommen in den 1990er Jahren vermutlich zweimal wieder auftauchte, blieb es lange Zeit ganz aus, und 2013 gab es plötzlich ein Massenauftreten mit > 1000 Exemplaren an einer lange bekannten Stelle bei Rheinsheim, wohl auch weil die Bewirtschaftung stimmte (damals wurden Kartoffeln angebaut, und der Boden zwischen den Zeilen blieb lange verdichtet und feucht). Anschließend wurde dort Mais angebaut, die Böden totgespritzt, und wegen der Dürrejahre befürchteten wir schon Schlimmstes für die Art.
Dieses Jahr hatte ich schon lange den Verdacht, dass man wegen der vielen abgesoffenen Ackersenken in der Rheinebene die Nanocyperion-Arten kontrollieren sollte. Dennoch war es eine tolle Überraschung, dass nach 11 Jahren die Art mal wieder auftauchte! Es sind aber nur wenige Exemplare. Wir werden versuchen, endlich die vom Staat schon lange geplanten, aber wie bei anderen Arten nie durchgeführten Schutzmaßnahmen (angepasste Bewirtschaftung) zu forcieren. Die Ackernutzung selber ist eigentlich förderlich oder sogar notwendig, man muss aber die Art und Weise anpassen.
An einer zweiten Stelle, einem abgesoffenen, mit Bolboschoenus überwachsenen Maisacker, fand ich sie heute in Gesellschaft von Cyperus fuscus, Kickxia und Limosella aquatica ebenfalls wieder, dort war sie seit 1995 nicht mehr gesehen worden. [Ergänzungen siehe unten: mittlerweile sind es in Summe 4 Stellen auf badischer Seite.]
Erhaltungskulturen sind fast unmöglich, weil man die Art nicht zum Keimen bringt. Das habe ich 2013 vergeblich versucht. Vermutlich müsste man erst mal rausfinden, wie man die Feuchtigkeits- und Schlammverhältnisse in den Kulturtöpfen regeln muss.
Übrigens gibt es noch eine weitere, weitab liegende Fundstelle in Baden-Württemberg: den Schmiechener See bei Blaubeuren. Dieser ist für sein erratisches Auftauchen und Verschwinden bekannt, und dadurch werden die passenden Schlammböden bereitgestellt. Dort ist die Art letztmals 2020 gesehen worden.
Wie es um die wenigen anderen deutschen Fundorte steht (https://www.floraweb.de/webkarten/karte.html?taxnr=5363) weiß ich nicht, und wenn jemand was weiß, wäre das mal interessant.
Die Art ist optisch recht ähnlich zu Isolepis, aber etwas "größer", und das Tragblatt viel länger und rinnig. Das im Rothmaler zitierte Merkmal mit der Bespitzung der Deckspelzen taugt wenig, und die farbige Berandung derselben entwickelt sich erst langsam und bei reifen Ährchen (die untersten beiden Bilder von 2013). Und "liegen" tut die Art auch nicht immer.
Gruß Michael
"once in a blue moon" heißt im Englischen "alle Jubeljahre", und das trifft auf die Blühperioden dieser Nanocyperion-Art zu. Sie dürfte zu den seltensten deutschen Pflanzenarten gehören. Damit sie aus der Diasporenbank wieder auftaucht, müssen alle Bedingungen stimmen: reichliche Frühjahrsregen und eintrocknende Schlammböden in feuchten Ackersenken (und außerdem keine Herbizide). Das wiederholt sich allenfalls alle 10 oder 20 Jahre, so dass viele Botaniker sie noch nie im Leben gesehen haben. Das mit dem Finden ist noch schwieriger als bei den ebenfalls dafür berüchtigten Lindernia procumbens und Elatine alsinastrum.
Da die Art außerdem klein, zierlich und unauffällig ist, ist es sehr schwer, sie nicht zu übersehen (vgl. das zweite Bild unten als Suchbild), und die Bewirtschaftung des Ackers muss außerdem passen. In den vergangenen Dürrejahren blieb sie erwartungsgemäß ganz aus.
Im Rhein-Tiefgestade gibt es einige wenige Stellen, die aber manchmal überraschend lange bekannt sind. Das "Hauptvorkommen" in einem Acker nahe von Philippsburg kennt man seit 1843! Aber auch damals war die Art eine äußerst sporadische Rarität und galt schon bei Döll (1857) an einigen Stellen als verschollen.
Nachdem das Vorkommen in den 1990er Jahren vermutlich zweimal wieder auftauchte, blieb es lange Zeit ganz aus, und 2013 gab es plötzlich ein Massenauftreten mit > 1000 Exemplaren an einer lange bekannten Stelle bei Rheinsheim, wohl auch weil die Bewirtschaftung stimmte (damals wurden Kartoffeln angebaut, und der Boden zwischen den Zeilen blieb lange verdichtet und feucht). Anschließend wurde dort Mais angebaut, die Böden totgespritzt, und wegen der Dürrejahre befürchteten wir schon Schlimmstes für die Art.
Dieses Jahr hatte ich schon lange den Verdacht, dass man wegen der vielen abgesoffenen Ackersenken in der Rheinebene die Nanocyperion-Arten kontrollieren sollte. Dennoch war es eine tolle Überraschung, dass nach 11 Jahren die Art mal wieder auftauchte! Es sind aber nur wenige Exemplare. Wir werden versuchen, endlich die vom Staat schon lange geplanten, aber wie bei anderen Arten nie durchgeführten Schutzmaßnahmen (angepasste Bewirtschaftung) zu forcieren. Die Ackernutzung selber ist eigentlich förderlich oder sogar notwendig, man muss aber die Art und Weise anpassen.
An einer zweiten Stelle, einem abgesoffenen, mit Bolboschoenus überwachsenen Maisacker, fand ich sie heute in Gesellschaft von Cyperus fuscus, Kickxia und Limosella aquatica ebenfalls wieder, dort war sie seit 1995 nicht mehr gesehen worden. [Ergänzungen siehe unten: mittlerweile sind es in Summe 4 Stellen auf badischer Seite.]
Erhaltungskulturen sind fast unmöglich, weil man die Art nicht zum Keimen bringt. Das habe ich 2013 vergeblich versucht. Vermutlich müsste man erst mal rausfinden, wie man die Feuchtigkeits- und Schlammverhältnisse in den Kulturtöpfen regeln muss.
Übrigens gibt es noch eine weitere, weitab liegende Fundstelle in Baden-Württemberg: den Schmiechener See bei Blaubeuren. Dieser ist für sein erratisches Auftauchen und Verschwinden bekannt, und dadurch werden die passenden Schlammböden bereitgestellt. Dort ist die Art letztmals 2020 gesehen worden.
Wie es um die wenigen anderen deutschen Fundorte steht (https://www.floraweb.de/webkarten/karte.html?taxnr=5363) weiß ich nicht, und wenn jemand was weiß, wäre das mal interessant.
Die Art ist optisch recht ähnlich zu Isolepis, aber etwas "größer", und das Tragblatt viel länger und rinnig. Das im Rothmaler zitierte Merkmal mit der Bespitzung der Deckspelzen taugt wenig, und die farbige Berandung derselben entwickelt sich erst langsam und bei reifen Ährchen (die untersten beiden Bilder von 2013). Und "liegen" tut die Art auch nicht immer.
Gruß Michael