Im Reich der "Pflanzen-Dinosaurier" - Neukaledonien
Verfasst: Do Aug 25, 2022 12:16 pm
Hallo zusammen,
hier ein kleiner, aus alten Bildbeständen exhumierter Reisebericht zu Neukaledonien (1997), den ich sukzessive einstellen werde. Leider ist mir damals gleich die Kamera kaputtgegangen, und die Photos sind mit einer kleinen, analogen Taschenknipse gemacht und später eingescannt. Daher ist die Qualität entsprechend und auch durch Nachbearbeiten nicht zu retten. Aber ich hoffe, sie reicht aus.
Neukaledonien ist mit Sicherheit das spannendste und schrägste Pflanzengebiet weltweit. Auf einer Insel von 50 x 500 km Größe kommen über 3.500 heimische Pflanzenarten vor, und davon ist fast alles endemisch! Nicht einmal Madagaskar, die Kapregion oder Westaustralien kommen auf höhere Endemismen-Raten und Diversität.
Bis heute ist nicht geklärt, warum das so ist. Neukaledonien ist ein uraltes Stück Kontinentalkruste und nicht vulkanisch. Diese Eigenschaft teilt es sich mit der Insel 'Eua (Tonga) und Rarotonga auf den Cook Islands, die ähnlich divers, aber viel kleiner sind. Aber Neukaledonien lag auch einmal fast vollständig unter Wasser. Daher kann es sich - jedenfalls nicht komplett - um alte Reliktarten handeln.
Außerdem wird Neukaledonien durch das großflächige Vorkommen ultrabasischer Böden mit sehr hohem Eisen-, Mangan- und vor allem Nickelgehalt geprägt, was zu vielen Spezialistenpflanzen führte. Einige haben sogar grünen Milchsaft! Neben Sudbury in Kanada liegen hier die weltweit größten Nickelvorkommen, und das ist auch ein Problem, weil die Berge vielerorts massiv abgetragen werden. Die "neue Energiewirtschaft" wird das alles noch verstärken.
Andere Regionen sind dagegen geologisch vielfältig, oft gibt es auch Kalk mit "Tsingys".
Die Insel ist sehr stark strukturiert, viele Berge reichen über 1000 m hoch, der Mt. Humboldt und Mt. Panie sogar über 1500 m. Dort oben gibt es wiederum eigene Arten. Im Prinzip gibt es:
- eine recht arme, eher pazifisch-typische Küstenflora (dagegen sind die Korallenriffe außerordentlich groß, artenreich und für Taucher ein Traum.)
- in niedrigen Lagen eine Dornstrauch-Vegetation, die meist gerodet wurde
- in mittleren Lagen oft einen echten Regenwald mit hohem Insektenreichtum. Der Insektenreichtum ist aber sehr differenziert: während es nur sehr wenige Tagfalter gibt, ist die Käferfauna außerordentlich artenreich
- in höheren Lagen oft eine charakteristische mittelhohe Savanne mit einzelnen großen Araucaria- und Agathis-Arten
Die Flora Neukaledoniens strotzt nur so vor Superlativen:
- die stammesgeschichtlich älteste lebende Dicotyledone der Welt (Amborella, Amborellaceae)
- der einzige parasitisch lebende, chlorophyllfreie Nadelbaum der Welt (Parasitaxus ustus)
- der größte Artenreichtum stammesgeschichtlich alter Gymnospermen (Araucaria, Agathis und zahlreiche Endemiten wie Retrophyllum oder Neocallitropsis)
- die höchste Endemismus-Rate, vergleichbar mit Madagaskar
Ansonsten sind natürlich viele Arten mit Australien und Neuseeland verwandt, und die Flora zeigt durchweg Gondwana-Abstammung. Dagegen ist nur wenig mit der eigentlichen pazifischen Inselflora der Atolle gemein.
Als Einstieg gleich mal zwei Bilder von den "Chutes de Madeleine" im Südosten. Hier kommen etliche zwergige Gymnospermen vor, die nur 1-2 m hoch werden, aber dafür bildet eine davon (Retrophyllum minus) sukkulente Stämme aus! Das Gestein darunter ist ultrabasisch. Die Bonsai-Bäumchen auf dem unteren Bild sind 1,50 m hoch, aber Jahrzehnte alt...
Die hellgrünen Blätter gehören zu Epacridoideae (Australheiden) und vermutlich zur Gattung Styphelia.
Diese verrückte Vegetation sieht derart "kreidezeitmäßig" aus, dass sie in einer BBC-Serie sogar als Hintergrund für Dinosaurier-Filme verwendet wurde. Dort wurde der Maßstab allerdings verändert, so dass es so aussah, als ob die 1,50 m hohen Retrophyllum-Bäume die T. rex meterweit überragen würden. Guter Trick. Ich fand's lustig, als ich die Serie sah und wusste, dass ich da, wo der T. rex rumgestapft ist, auch schon stand...
Weiteres bald. Gruß Michael
hier ein kleiner, aus alten Bildbeständen exhumierter Reisebericht zu Neukaledonien (1997), den ich sukzessive einstellen werde. Leider ist mir damals gleich die Kamera kaputtgegangen, und die Photos sind mit einer kleinen, analogen Taschenknipse gemacht und später eingescannt. Daher ist die Qualität entsprechend und auch durch Nachbearbeiten nicht zu retten. Aber ich hoffe, sie reicht aus.
Neukaledonien ist mit Sicherheit das spannendste und schrägste Pflanzengebiet weltweit. Auf einer Insel von 50 x 500 km Größe kommen über 3.500 heimische Pflanzenarten vor, und davon ist fast alles endemisch! Nicht einmal Madagaskar, die Kapregion oder Westaustralien kommen auf höhere Endemismen-Raten und Diversität.
Bis heute ist nicht geklärt, warum das so ist. Neukaledonien ist ein uraltes Stück Kontinentalkruste und nicht vulkanisch. Diese Eigenschaft teilt es sich mit der Insel 'Eua (Tonga) und Rarotonga auf den Cook Islands, die ähnlich divers, aber viel kleiner sind. Aber Neukaledonien lag auch einmal fast vollständig unter Wasser. Daher kann es sich - jedenfalls nicht komplett - um alte Reliktarten handeln.
Außerdem wird Neukaledonien durch das großflächige Vorkommen ultrabasischer Böden mit sehr hohem Eisen-, Mangan- und vor allem Nickelgehalt geprägt, was zu vielen Spezialistenpflanzen führte. Einige haben sogar grünen Milchsaft! Neben Sudbury in Kanada liegen hier die weltweit größten Nickelvorkommen, und das ist auch ein Problem, weil die Berge vielerorts massiv abgetragen werden. Die "neue Energiewirtschaft" wird das alles noch verstärken.
Andere Regionen sind dagegen geologisch vielfältig, oft gibt es auch Kalk mit "Tsingys".
Die Insel ist sehr stark strukturiert, viele Berge reichen über 1000 m hoch, der Mt. Humboldt und Mt. Panie sogar über 1500 m. Dort oben gibt es wiederum eigene Arten. Im Prinzip gibt es:
- eine recht arme, eher pazifisch-typische Küstenflora (dagegen sind die Korallenriffe außerordentlich groß, artenreich und für Taucher ein Traum.)
- in niedrigen Lagen eine Dornstrauch-Vegetation, die meist gerodet wurde
- in mittleren Lagen oft einen echten Regenwald mit hohem Insektenreichtum. Der Insektenreichtum ist aber sehr differenziert: während es nur sehr wenige Tagfalter gibt, ist die Käferfauna außerordentlich artenreich
- in höheren Lagen oft eine charakteristische mittelhohe Savanne mit einzelnen großen Araucaria- und Agathis-Arten
Die Flora Neukaledoniens strotzt nur so vor Superlativen:
- die stammesgeschichtlich älteste lebende Dicotyledone der Welt (Amborella, Amborellaceae)
- der einzige parasitisch lebende, chlorophyllfreie Nadelbaum der Welt (Parasitaxus ustus)
- der größte Artenreichtum stammesgeschichtlich alter Gymnospermen (Araucaria, Agathis und zahlreiche Endemiten wie Retrophyllum oder Neocallitropsis)
- die höchste Endemismus-Rate, vergleichbar mit Madagaskar
Ansonsten sind natürlich viele Arten mit Australien und Neuseeland verwandt, und die Flora zeigt durchweg Gondwana-Abstammung. Dagegen ist nur wenig mit der eigentlichen pazifischen Inselflora der Atolle gemein.
Als Einstieg gleich mal zwei Bilder von den "Chutes de Madeleine" im Südosten. Hier kommen etliche zwergige Gymnospermen vor, die nur 1-2 m hoch werden, aber dafür bildet eine davon (Retrophyllum minus) sukkulente Stämme aus! Das Gestein darunter ist ultrabasisch. Die Bonsai-Bäumchen auf dem unteren Bild sind 1,50 m hoch, aber Jahrzehnte alt...
Die hellgrünen Blätter gehören zu Epacridoideae (Australheiden) und vermutlich zur Gattung Styphelia.
Diese verrückte Vegetation sieht derart "kreidezeitmäßig" aus, dass sie in einer BBC-Serie sogar als Hintergrund für Dinosaurier-Filme verwendet wurde. Dort wurde der Maßstab allerdings verändert, so dass es so aussah, als ob die 1,50 m hohen Retrophyllum-Bäume die T. rex meterweit überragen würden. Guter Trick. Ich fand's lustig, als ich die Serie sah und wusste, dass ich da, wo der T. rex rumgestapft ist, auch schon stand...
Weiteres bald. Gruß Michael