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Gentianella ramosa, oder amarella aus dem Vinschgau

Verfasst: Mo Sep 16, 2024 9:44 pm
von Uwe Grabner
Hallo zusammen,
diesen Kranzenenzian fanden wir am Wegesrand am Zufrittsee im Martelltal im Vinschgau, am 13.08.2024.
Der See liegt ungefähr auf 1980 m Höhe.
Diesen Enzian kann ich nicht so recht zuordnen. Die Kronblätter waren durchweg ziemlich klein im Vergleich zur auffällig langen und auch sehr langestielten Blütenröhre. Allgemein konnten sich die Pflanzen ab einer bestimmten Höhe nicht mehr von selbst halten und neigten sich zum Boden.
Die Kelchblätter waren durchweg kahl, was für ramosa sprechen würde, allerdings waren die Kelchblätter dann wieder etwas zu kurz laut Beschreibung.
Der Biotop würde auch eher auf ramosa passen, da amarelle wohl eher kalkreichen Untergrund bevorzugt.
Würde mich freuen, wenn da jemand sicherer wäre als ich.
Beste Grüße
Uwe Grabner

Re: Gentianella ramosa, oder amarella aus dem Vinschgau

Verfasst: Mo Sep 16, 2024 11:20 pm
von botanix
Hallo Uwe,
Wilhalm und Schneider-Fürchau geben in der Flora von Martell (Der Schlern 87(5), 2013) Gentianella anisodonta, engadinensis und rhaetica (nebst anderen Arten, aber keine amarella oder ramosa) an. Ich versuche es im Ausschlußverfahren, vorausgesetzt, es wurden keine Arten dort übersehen!
Flora Vegetativa bemerkt bei rhaetica: Stängel mit vielen kurzen Gliedern, passt also nicht. Blieben die anderen zwei.
Der Flora Helvetica Exkursionsführer schreibt zu engadinensis: Pflanze sehr niedrig, kompakt (3-10 cm).
Bleibt anisodonta: Krone 2-3 cm lang, Rand der Kelchzähne stark umgerollt und stark rau (Papillen fast 2x so lang wie breit). Pflanze von Grund auf stark ästig (-30 cm). Bei Foto 01.jpg sieht der umgerollte Rand der Kelchzipfel etwas rau aus, vielleicht kannst du es am Originalbild besser sehen?
https://www.mittelmeerflora.de/Zweikeim ... sodont.htm
Gruß
Peter
PS: Online Verbreitungskarten Südtirol: https://www.florafauna.it/portal/index? ... &locale=de

Re: Gentianella ramosa, oder amarella aus dem Vinschgau

Verfasst: Di Sep 17, 2024 7:53 pm
von Uwe Grabner
Hallo Peter,
vielen Dank für Deine ausführliche Analyse und die wertvollen Hinweise!
Gentianella anisodonta kannte ich eigentlich vom Jaufenpass und Timmelsjoch. Die Blütenkronen waren bei diesen Pflanzen deutlich größer und die Kelchblätter länger und noch stärker an den Rändern umgerollt.
Ob eben diese Ränder rau waren, das ist die Frage.
Ich habe 3 der obigen Aufnahmen etwas rausvergrößert, um das optisch beurteilen zu können, muss aber sagen, dass ich keine optische Rauheit erkennen kann. Aber tatsächlich scheinen ein paar Randzellen leicht vergrößert zu sein, aber ob das die beschriebenen rauen Ränder ausmacht?
Aber tatsächlich hatte ich G. anisodonto nicht auf der Rechnung.
Habituell waren die mir bekannten anisodonto auch deutlich kompakter, aber das kann natürlich auch an der Variabilität liegen und vielleicht auch am späten Zeitpunkt.
Herzliche Grüße!
Uwe