Oenothera

Bestimmungsanfragen für europäische Wildpflanzen.
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Bitte immer den Fundort (Land, Stadt, Habitat etc.) und das Funddatum angeben. TIPP: Je mehr Detailbilder ihr von einer Pflanze zeigt, also zum Beispiel Gesamtaufnahme der Pflanze, Blatt + Blüte von oben und unten, Stängel unten + oben, Früchte oder weiteres, desto größer ist der Bestimmungserfolg im Forum.
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Epsilon3-28
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Oenothera

Beitrag von Epsilon3-28 »

Diese Nachtkerze habe ich Vorgestern in Oberschwaben fotografiert. Wie ich gelesen habe ist das nicht mehr die richtige Jahreszeit zum Bestimmen.
Trotzdem kann hier vielleicht jemand einen Tipp abgeben?
Ich habs mit dem Rothmaler versucht, hab aber schon am Anfang Schwierigkeiten.
2 Kelchblattendzipfel an der Spitze des Kelchblattes stehend, daher an den geschlossenen Knospen am Grund aneinandergerückt sich berührend. oder
2* Kelchblattendzipfel an der Spitze der Kelchblblätter etwas von der Spitze der Kelchblätter entfernt stehend, daher an den jungen Knospen sich am Grunde nicht berührend.
Das musste ich ein paar mal lesen und bin mir immer noch nicht sicher, ob ich es verstanden habe

Bei mir spreizen die Kelchblattendzipfel zwar deutlich, berühren sich aber am Grund. Deswegen bin ich bei 2* gelandet. Passt das wenigstens?

Grüße
Wolfgang
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Kraichgauer
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Re: Oenothera

Beitrag von Kraichgauer »

Also erstens stimmt Deine Vermutung mit den Kelchzipfeln leider nicht - oben spreizend zählt nicht. Deine sind "ganz normale" Kelchzipfel, also die Nr. 2 im Schlüssel. Die sind unten zusammenliegend. Die Formulierung im Rothmaler-Schlüssel meint, dass die Zipfel unten (!), da wo sie an den Kelchblätter aufsitzen, einen Abstand haben müssen.
Als Vergleich hier zwei Bilder von Knospen der parviflora-Gruppe. So muss das aussehen beim Schlüssel 2*. (Zur Beruhigung: an dem Merkmal scheitern regelmäßig auch andere.)

Zweitens sind Oenothera in diesem späten Stadium in der Tat - und grundsätzlich - nicht mehr bestimmbar, man muss das im Juni/Juli machen. Solche späten Gurken haben oft kleinere, untypische Blüten. Warte einfach auf das nächste Jahr...

Mehr als "irgendwas aus der fallax-Verwandtschaft" kann man hier nicht mehr sagen. Gegenüber normaler fallax weicht insbesondere die rote Rhachis ab, aber so was kann schon mal vorkommen, ohne dass man gleich eine andere Sippe vermuten sollte.

Außerdem würden zur sicheren Bestimmung etliche Merkmale (Stängel, Blätter etc.) fehlen. Schau' noch mal im alten Forum die Diskussionen über Oenothera-Bestimmung und die notwendigen Merkmale an.

Gruß Michael
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Epsilon3-28
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Re: Oenothera

Beitrag von Epsilon3-28 »

Hallo Michael,

vielen Dank für die Antwort. Deine Fotos sind klasse, jetzt wird klarer was mit der Frage gemeint ist.

Ich hab mal versucht von O. fallax ausgehend rückwärts die Fragen zu beantworten. Ich wäre glatt bei den meisten Fragen in die andere Richtung. :-(

Eigentlich wollte ich solch schwierige Gattungen aussparen, jetzt bin ich doch nicht mehr an den Nachtkerzen vorbeigekommen. Ich werd mich dann nächstes jahr noch mal dran machen.

Viele Grüße
Wolfgang
Kraichgauer
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Re: Oenothera

Beitrag von Kraichgauer »

Versuch' mal unseren Schlüssel hier:
https://www.flora-deutschlands.de/oenot ... 4-3red.pdf
Der geht hoffentlich etwas einfacher als der im Rothmaler. Bilder der Arten gibt's dort auch genug drin.

Was Dein Exemplar angeht, so geht das folgendermaßen (S. 3):
Kronzipfel zusammenliegend -> 2
Knospen deutlich rot gestreift -> 3
Stg deutlich rot punktiert -> 4
Kronblätter unter 30 mm -> 6
Stg nicht auf großen Teilen stark rot überlaufen (in Deinem Fall nur die Rhachis) -> 6*, Tab. D (fallax-Gruppe)

Dann auf S. 8: Stg zwar drüsig, aber nicht dicht weißlich anliegend behaart -> 2
Blütenstand nicht locker-pyramidal -> 3
Stängelblätter breit lanzettlich -> 4
Kapseln klein (da ist ein Fehler im Schlüssel, muss bei 4* "rot- oder weißnervig" heißen) -> 5
Pflanze bunt, nicht graugrün - weißlich behaart -> 5* fallax

Gruß Michael
Epsilon3-28
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Re: Oenothera

Beitrag von Epsilon3-28 »

Uii, ich glaub da hab ich den richtigen Experten erwischt 😊

Was Dein Exemplar angeht, so geht das folgendermaßen (S. 3):

Kronzipfel zusammenliegend -> 2
OK

Knospen deutlich rot gestreift -> 3
OK

Stg deutlich rot punktiert -> 4 ?
kann man das noch sehen, oder gehst du davon aus weil du weißt was es ist?

Kronblätter unter 30 mm -> 6
OK

Stg nicht auf großen Teilen stark rot überlaufen (in Deinem Fall nur die Rhachis) -> 6*, Tab. D (fallax-Gruppe)
Beim restlichen Stängel hätte ich jetzt gesagt, dass man das nicht mehr sehen kann weil zu alt ?

Dann auf S. 8: Stg zwar drüsig, aber nicht dicht weißlich anliegend behaart -> 2
OK

Blütenstand nicht locker-pyramidal -> 3
OK

Stängelblätter breit lanzettlich -> 4
OK

Kapseln klein (da ist ein Fehler im Schlüssel, muss bei 4* "rot- oder weißnervig" heißen) -> 5
da wäre ich jetzt nur mit Ausschlussverfahren weiter gekommen, da nicht rotnervig und nicht in Norditalien. Auf gedrehte bucklige Blätter wäre ich nicht gekommen.

Pflanze bunt, nicht graugrün - weißlich behaart -> 5* fallax
OK

Vielen Dank schonmal, ich glaub ich melde mich nächstes Jahr nochmal mit dem Thema. :-)


Noch eine Frage:
Kann man die Verbreitungskarten bei Floraweb hier ernst nehmen oder ist das einfach noch nicht richtig durchkartiert?
https://floraweb.de/webkarten/karte.html?taxnr=27790

Viele Grüße
Wolfgang
Garibaldi
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Re: Oenothera

Beitrag von Garibaldi »

Kraichgauer hat geschrieben: Mo Aug 22, 2022 11:06 am Floraweb war eine einmalige Zusammenstellung vorhandener Funddaten (für den gedruckten Verbreitungsatlas), das wird seit ca. 10 Jahren nicht mehr aktualisiert. Insofern nur als historischer Schnappschuss zu gebrauchen. Das sollte man vor allem bei Neophyten und sich aktuell ausbreitenden Arten im Kopf behalten.
Das Zitat habe ich aus dieser Diskussion: viewtopic.php?p=1413&hilit=Floraweb+war ... aten#p1413
Kraichgauer
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Re: Oenothera

Beitrag von Kraichgauer »

Epsilon3-28 hat geschrieben: Do Sep 15, 2022 7:44 pm Stg deutlich rot punktiert -> 4 ?
kann man das noch sehen, oder gehst du davon aus weil du weißt was es ist?
Man kann es an den Fruchtknoten erahnen, da sind ein paar Punkte sichtbar. Außerdem gibt es nur eine einzige, extrem seltene Sippe (obscurifolia), die rotgestreifte Knospen, aber einen unpunktierten Stängel hat.
Epsilon3-28 hat geschrieben: Do Sep 15, 2022 7:44 pm Stg nicht auf großen Teilen stark rot überlaufen (in Deinem Fall nur die Rhachis) -> 6*, Tab. D (fallax-Gruppe)
Beim restlichen Stängel hätte ich jetzt gesagt, dass man das nicht mehr sehen kann weil zu alt ?
Das sieht man hier nicht mehr gut. Die Arten der fraglichen Gruppe (ersteinensis, "moravica", rubricauloides etc.) mit blutrotem Stängel und gestreiften Knospen sehen aber anders aus. Wie schon geschrieben, darf fallax ruhig mal - vor allem spät im Jahr und bei Trockenheit - einen rötlich überlaufenen Stängel haben, aber keinen blutroten.

Wie schon gesagt, lass uns nächstes Jahr mit frischen Frühsommer-Exemplaren weiter diskutieren, das hier sind Spätsommer-Gurken.

Verbreitung:
In unserem Oenothera-Atlas sind Verbreitungsangaben. Die Floraweb-Karten sind nicht ernstzunehmen, da da keine Oenothera-Experten beigetragen haben. Das sieht man an der verlinkten "fallax-Karte" - da sieht man lediglich, in welchen Gebieten schon mal jemand kartiert hat. Fallax ist mittlerweile in fast ganz Deutschland verbreitet, außer in mittleren bis größeren Höhen.
Das Problem ist außerdem, dass öfters mal Spontanhybriden auftreten, die rein zufällig mit einer beschriebenen Sippe übereinstimmen und so das Vorkommen vorgaukeln. Nur so ein Beispiel: pyramidiflora ist eine seltene, östliche Regionalsippe, die nur um Leipzig einigermaßen in Beständen auftritt. Ich habe aber auch in der Rheinebene ab und zu mal "pyramidiflora" gefunden. Ist das die gleiche? Wohl nicht, nur eine zufällige Übereinstimmung.

Oenothera-Bestimmung erfordert jahrelange Einarbeitung und ist nicht "mal schnell" erledigt, außerdem kommen zahlreiche Spontanhybriden vor, die keinen Namen besitzen.

Und noch eine Vorwarnung: nächstes Jahr muss ich das Oenothera-Kapitel für den neuen Bildatlas schreiben. Da wird es notwendig sein, gewaltig unter den Namen aufzuräumen, um näher am genetisch fundierten Dietrich-System zu bleiben, und sehr viele, auch die benannten, werden nur noch als Rezenthybriden herabgestuft werden. Das rein morphologisch begründete Rostanski-System ist taxonomisch leider nicht haltbar.

Gruß Michael
Epsilon3-28
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Re: Oenothera

Beitrag von Epsilon3-28 »

Nochmal Danke,

wenn ein paar Namen wegfallen wirds vielleicht ja einfacher :-)

Grüße
Wolfgang
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