Warum bleiben viele Arten im Mittelmeerraum?

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Khalni
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Warum bleiben viele Arten im Mittelmeerraum?

Beitrag von Khalni »

Moin,

Wie schon im anderen Thema besprochen, gibt es einen riesigen Unterschied zwischen der Artenvielfalt im Mittelmeerraum und der in Mitteleuropa, und ganz stark auch von der in Nordeuropa. Als Hauptgrund würde ich geltend machen, dass während der letzten Eiszeit nahezu alles nach Süden, also nach Spanien und Griechenland/Türkei gewandert ist, als hier die Vergletscherung und der Tundrenfrost wütete und die höheren Pflanzen vertrieb.

Als sich das Klima dann besserte, kamen erst Birken, Fichten usw. und als das Klima dann wirklich gemäßigt wurde und auch die Extremfrostereignisse (Dauerfrost+ Extreme Fröste= Artenkiller) nachließen, kam der Siegeszug der Rotbuche, die schnell als dominante Baumart alles im wahrsten Sinne des Wortes in den Schatten stellte. Erst durch die Maßnahmen der Menschen, konnten sich lichthungrige Eichenwälder bilden und später wurde die Natur durch Fichtenplantagen ersetzt.

Dadurch das der Mensch abholzte und Wiesen erstellte, sowie Äcker, konnten sich viele krautige, lichthungrige Pflanzen aus dem Mittelmeerraum ebenfalls wieder ansiedeln, sowie z.B. das Gänseblümchen, laut Gerüchtepedia ein Archäophyt.

Soweit meine Kurzfassung, gerne grobe Fehler beseitigen, ich kann gerne dazulernen.

Doch im Mittelmeerraum wimmelt es von Arten, die über die einzige Eigenschaft sehr wohl verfügen, die sie hier zum Überleben benötigen, nämlich der Frosthärte, egal ob Arbutus, Pistacia, Akanthus, Cedrus, Celtis, Cercis, ganz viele Eichenarten, Centranthus usw. sie alle sind bei mir im Garten und Umgebung winterhart und doch haben sie es nie bis hierher geschafft auf natürlichem Wege, doch warum eigentlich nicht?

Hier mal eine Pflanzenart, über die ich gerade stolperte, nämlich der Stech-Wacholder (Juniperus oxycedrus). Liest man sich den Gerüchtepedia eintrag durch, steht da, die sei frostempfindlich, doch wenn man sich das Verbreitungsgebiet anschaut, sieht man, dass zwar überwiegend der frostfreie und frostarme Küstenbereich besiedelt wird, aber auch z.B. Zentralspanien, Zentraltürkei oder gar der Süden von Serbien, ich muss nicht sagen, dass es dort gerne auch mal -15°C und Dauerfrost geben kann, also so, wie bei uns.

Warum also kommt der nicht auch hier an der Nordsee vor? Oder in der Lüneburger Heide?

Ich wäre euch wirklich dankbar, wenn mir das jemand erklären könnte, warum frostharte Pflanzen den Sprung nach Norden nicht schaffen.
LG Khalni
Garibaldi
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Re: Warum bleiben viele Arten im Mittelmeerraum?

Beitrag von Garibaldi »

Die Alpen wirken als Barriere und verhindern die Ausbreitung in Richtung Norden.
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botanix
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Registriert: Di Jun 28, 2022 2:28 pm

Re: Warum bleiben viele Arten im Mittelmeerraum?

Beitrag von botanix »

Hallo Khalni,

Nur ein scheinbarer Widerspruch: es gibt Arten, die zwar frostempfindlich sind, also auf den milden Winter angewiesen sind (Küstengebiete, Weinbergslagen), aber trotzdem auch in Gebirgslagen vorkommen und zwar dort, wo eine Schneedecke sie sicher vor stärkeren Frösten schützt.

Wie Garibaldi schon anmerkte sind die Alpen eine starke Barriere gegen eine Süd - Nord Pflanzenwanderung. Die Gebirgskette geht ja von den Pyrenäen im Westen mehr oder weniger geschlossen bis zu den Karpaten im Osten. Eine nennenswerte Lücke für Pflanzenwanderungen besteht in der "Burgundischen Pforte" von Marseille am Mittelmeer entlang der Rhone nordwärts über Lyon hinaus und dann zwischen Vogesen und Schweizer Jura zum Oberrheintal.

Trotzdem darf nicht vergessen werden, West- und Mitteleuropa werden vom Golfstrom "warmgespült". Wir liegen gemeinsam mit Kanada auf dem 50. Breitengrad. Da kann es immer wieder mal strenge Winter geben, trotz Klimawandel, die den Etablierungsversuchen der Neueinwanderer erstmal einen Riegel vorschieben.

Aktuell hat natürlich der weltweite Warenverkehr (inclusive der Pflanzenproduktion in anderen Ländern) und Tourismus einen viel größeren Einfluss auf die Verschleppung von Samen/Pflanzen. Natürliche Pflanzenwanderung geht viel langsamer.

Gruß
Peter
alte Botanikerweisheit: man sieht nur was man kennt
Khalni
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Registriert: Fr Jul 08, 2022 3:47 pm
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Re: Warum bleiben viele Arten im Mittelmeerraum?

Beitrag von Khalni »

Moin Gari und Peter,

Jetzt sehe ich es auch, die Gebirge verhindern das Nordwandern, sie grenzen die Flora des Mitteleuropas gekonnt von der des Mittelmeeres ab. Scheint wirklich die Erklärung zu sein. Und wenn dann an der offenen Einwanderungsroute nen dicker flächiger Buchenwald steht, dann kommt der Stech-Wacholder auch nicht weit. Einleuchtend.

Und auch, wenn ich mir oft wünsche, dass die Winter immer milder werden, gibt es doch auch immer wieder richtige Brummer darunter. So gab es vor 1-2 Jahren in Essen und Umgebung -20°C und eine Woche Dauerfrost, bei solchen Werten würde wohl gut die Hälfte des Gartens hier schwere Schäden davontragen, solche Winter können echt vielen Arten die Zellen platzen lassen, hoffentlich werden die nächsten Winter alle schön mild.

Und natürlich, Pflanzen aus Nordamerika und Asien wandern gerne ein, erstaunlich, durch den Golfstrom können selbst Pflanzen aus Südchina, teilweise 20 Breitengrade südlicher, hier noch gedeihen, weil deren Frosthärte ausreicht. Z.B. der Götterbaum oder die Paulownie kommen ja eigentlich viel südlicher vor, sind trotzdem winterhart, verrückt. Möge der Golfstrom nie versiegen.
LG Khalni
JoergBW
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Re: Warum bleiben viele Arten im Mittelmeerraum?

Beitrag von JoergBW »

An den Baumarten sieht am es auch deutlich. Nordamerika hat bei gleicher Klimazone wesentlich mehr Baumarten als wir hier in Mitteleuropa. Vor den Eiszeiten konnten diese sich da besser zurückziehen, da keine Ost-West Gebirge, sondern nur N-S. Nach der Eiszeit wieder einfacher einwandern.
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