Klimaverirrungen

Gallen, Vögel, Insekten, Biologie usw.
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Anagallis
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Klimaverirrungen

Beitrag von Anagallis »

Im alten Forum hatten wir schon solche Themen. Hier noch ein Fall besonderer Saisonverwerfungen: Draba verna agg. hat hier in der Gegend gekeimt. Normalerweise täten die das im Februar oder März. Das sie Oktobertemperaturen von über 20 Grad, neulich sogar 27 Grad, für den kommenden Frühling hält, überrascht nicht besonders.
Dominik
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botanix
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Re: Klimaverirrungen

Beitrag von botanix »

Hallo Dominik,
Draba verna ist doch winterannuell, die keimen im Herbst. Konnte in den letzten Tagen auch schon Rosetten beobachten.
Gruß
Peter
alte Botanikerweisheit: man sieht nur was man kennt
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Anagallis
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Re: Klimaverirrungen

Beitrag von Anagallis »

Bisher habe ich die frühestens im Januar keimen gesehen. Im Rothmaler steht sie als winter- oder sommerannuell. Aber wozu sollte eine Pflanze, die zwei Wochen von der Keimung zur Blüte braucht und auf nährstoffarme Ruderale spezialisiert ist, im Herbst keimen aber erst im Frühjahr blühen? Die Frage ist also, ob die Pflanzen jetzt auch blühen werden. Wir werden sehen.
Dominik
Garibaldi
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Re: Klimaverirrungen

Beitrag von Garibaldi »

Sisymbrium irio zeigt hier in Berlin ein ähnliches Verhalten, eigentlich blüht die Pflanze im zeitigen Frühjahr als die erste Rauke, wenn der Winter mild ist, zeigen sich die Blattrosetten Februar / März, aktuell sieht man Blattrosetten im Entwicklungsstand vom Frühjahr, keine Ahnung, ob die Pflanzen einen harten Frost überstehen, ich denke aber nicht, dass sie noch blühen werden.
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Anagallis
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Re: Klimaverirrungen

Beitrag von Anagallis »

Arabidopsis thaliana am 23.10.2022 am Bahndamm in Vollblüte und schon mit Früchten. Die haben auch eine zweite Generation in diesem Jahr eingestreut.
Dominik
Garibaldi
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Re: Klimaverirrungen

Beitrag von Garibaldi »

Was mir auch noch aufgefallen ist, die Bäume zeigen hier in Berlin deutlich Herbst, obwohl es sehr warm ist. In vergleichbar warmen Jahren waren die Bäume länger grün. Viele Pflanzen haben ihren Lebenszyklus in den langen heißen Sommermonaten eigentlich abgeschlossen, auch die Bäume sind trockengeschädigt und verlieren jetzt "bereits" ihr Laub. Auf den Wiesen sieht es eigentlich aus wie im Winter, bis auf einzelene Pflanzen (diese Rauke) und wenige nachblühende Arten gibt es nicht mehr viel. Was nachblüht ist Artemisia vulgaris, die Pflanzen waren eigentlich auch schon durch und blühen jetzt nochmal.
scheuchzeria
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Re: Klimaverirrungen

Beitrag von scheuchzeria »

Anagallis hat geschrieben: So Okt 23, 2022 1:58 pm Bisher habe ich die frühestens im Januar keimen gesehen. Im Rothmaler steht sie als winter- oder sommerannuell. Aber wozu sollte eine Pflanze, die zwei Wochen von der Keimung zur Blüte braucht und auf nährstoffarme Ruderale spezialisiert ist, im Herbst keimen aber erst im Frühjahr blühen? Die Frage ist also, ob die Pflanzen jetzt auch blühen werden. Wir werden sehen.
Hallo,
nun ja, weil es großen Sinn macht. Winterannuelle nutzen den Vorteil des ausbildens einer Rosette, um im Fhrühjahr fix blühen und fruchten zu können. Das kennt man ja insbesondere von Ackerwildkräutern wie Kornblume. Die kann aber auch beides. Es ist also eine Art der Risikostreuung. Dagegen gibt es ausschließlich sommerannuelle wie Misopates, Stachys arvensis (Hackfruchtunkräuter) oder Teichbodenarten wie Elatine....Die Lebensform hat also Einfluss auf den Standort. Wenn der Klimawandel dazu führt, dass winterannuelle vorzeitig blühen ist das kein Nachweis einer grundsätzlichen 2. Generation oder zweifelst Du an, dass es winterannuelle gibt? Es gibt eben Arten, die können beides! Das ist dann nicht dumm oder fraglich, sondern "clever" (von der Aufsplittung Erophila mal ganz abgesehen)
Keimung im Januar. Ist das nicht Winter? :D
schöne Grüße
scheuchzeria
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Anagallis
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Re: Klimaverirrungen

Beitrag von Anagallis »

Ja sicher, nur ist D. v. agg. eine extreme Ruderalpflanze die fast ohne Nährstoffe auskommt, abseits der Saison der Konkurrenz blüht und in sehr kurzer Zeit von der Keimung zur Blüte kommt. Wenn die wirklich ein zweites Standbein hat, das sie zur Überwinterung befähigt, überrascht mich das doch. Es ist schon ein großer Unterschied, ob die Pflanzen noch in der Vorsaison im Oktober bei sommerlichen Temperaturen keimen oder im Januar nach der ersten Kältewelle. Ich glaube aber auch nicht, daß es zu einer Überwinterung kommen wird. Die Wettervorhersage geht noch für die nächsten anderthalb Wochen von Temperaturen über 15 Grad aus - da werden sie wohl einfach blühen und nicht überwintern. Ich werde berichten, wie die entnommene Probe sich entwickelt.
Dominik
Kraichgauer
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Re: Klimaverirrungen

Beitrag von Kraichgauer »

Im Bahnhof Bruchsal blühen gerade die Pilosella piloselloides in großer Zahl ein zweites Mal... Gruß Michael
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botanix
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Re: Klimaverirrungen

Beitrag von botanix »

Hallo,
gerade beim Spaziergang etliche frisch blühende Senecio aquaticus gesehen.
Eine so späte Zweitblüte (oder Drittblüte?) habe ich bei dieser Art noch nie gesehen.
Gruß
Peter
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