Gras in der kleinen Schorfheide in Brandenburg

Bestimmungsanfragen für europäische Wildpflanzen.
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Bitte immer den Fundort (Land, Stadt, Habitat etc.) und das Funddatum angeben. TIPP: Je mehr Detailbilder ihr von einer Pflanze zeigt, also zum Beispiel Gesamtaufnahme der Pflanze, Blatt + Blüte von oben und unten, Stängel unten + oben, Früchte oder weiteres, desto größer ist der Bestimmungserfolg im Forum.
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Smallsersen
Beiträge: 3
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Gras in der kleinen Schorfheide in Brandenburg

Beitrag von Smallsersen »

Hallo Forum,
als Landschafts-Panoramafotograf bin ich extrem viel in ganz Deutschland unterwegs, sehr viel auch in Heidelandschaften.

In der "kleinen Schorfheide" nördlich von Berlin, nahe dem Ort Beutel bin ich auf ein Gras gestoßen, was ich an keiner anderen Stelle Deutschlands bemerkt hatte. Das ist ein sehr sandiges von Munitionsresten geräumtes Stück verwüsteter Erde, vielleicht gibt es deshalb besondere Bedingungen. Die Aufnahmen sind Mitte Juni entstanden.

Ich habe die Gegend nur als Panorama mit Fisheye fotografiert, deshalb gibt es keine sehr detaillierten Fotos. Das sah vor Ort aus wie auf einem anderen Planeten, surreal. Die Pflanzen waren weich, ganz anders als die übliche Besenheide, die von der Farbe her auch etwas bläulicher ist.

Jemand eine Idee, was das sein könnte? Vielleicht war das auch nur eine kurze Farb-Phase von einem ganz alltäglichem Gras.

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Arthur
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Re: Gras in der kleinen Schorfheide in Brandenburg

Beitrag von Arthur »

Typisch für die Silbergrasfluren ist das Sand-Silbergras (Corynephorus canescens) ;).
Smallsersen
Beiträge: 3
Registriert: Sa Feb 04, 2023 9:48 am

Re: Gras in der kleinen Schorfheide in Brandenburg

Beitrag von Smallsersen »

Danke - das ist es anscheinend wirklich.

Wenn man nach Bildern von dem Gras sucht, findet man aber fast nichts mit dieser sehr stark ausgeprägten Magenta-Färbung. Das ist vielleicht nur eine ganz kurze Phase im Sommer - oder in der kleinen Schorfheide gibt es eine besondere Unterart dieses Grases.

Das Gras wächst dort nur auf sehr begrenztem Raum - im ersten 360°-Foto ist quasi die gesamte Verbreitungsfläche zu sehen. Der Rest der kleinen Schorfheide hat anderen Bewuchs. An dem Tag hatte ich die ganze kleine Schorfheide abgeklappert.

Ungefähr die rot markierte Fläche. Zu sehen ist nur ein kleiner Ausschnitt der kleinen Schorfheide im Süden.

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OSM
Spinnich
Beiträge: 250
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Re: Gras in der kleinen Schorfheide in Brandenburg

Beitrag von Spinnich »

Smallsersen hat geschrieben: Sa Feb 04, 2023 11:24 am Danke - das ist es anscheinend wirklich.

Wenn man nach Bildern von dem Gras sucht, findet man aber fast nichts mit dieser sehr stark ausgeprägten Magenta-Färbung. Das ist vielleicht nur eine ganz kurze Phase im Sommer - oder in der kleinen Schorfheide gibt es eine besondere Unterart dieses Grases.

Das Gras wächst dort nur auf sehr begrenztem Raum - im ersten 360°-Foto ist quasi die gesamte Verbreitungsfläche zu sehen. Der Rest der kleinen Schorfheide hat anderen Bewuchs. An dem Tag hatte ich die ganze kleine Schorfheide abgeklappert.
Ich gebe Dir recht, solche Exemplare findet man selten auf Abb., obwohl in der Beschreibung 'Vegetative Merkmale' bei Wikipedia doch zu lesen ist: "Die Blattscheiden sind rötlich-purpurfarben,..."

Allerdings zeigt Galasearch auch genau solche Exemplare mit dem Hinweis: "Zur Vollblüte kann man v.a. auf vollsonnigen, trockenen Extremstandorten kräftig rötlich überlaufene Horste des Silbergras finden."
Das deckt sich ja dann mit deinen Funden und Vermutungen.

LG Dieter
Smallsersen
Beiträge: 3
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Re: Gras in der kleinen Schorfheide in Brandenburg

Beitrag von Smallsersen »

In der riesigen Lieberoser Wüste südlich von Berlin gibt es diese Pflanzen anscheinend auch. Obwohl ich da schon oft war, hab ich die noch nie so purpurfarben gesehen. Dort müsste man vielleicht Mitte Juni hin.
Es Ist interessant, quasi eine zweite Blütezeit der Heide suchen zu können, die Besenheide blüht ja erst ab Mitte August. Die Gegenden mit großflächigem Sand-Silbergras sind aber äußerst rar.
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Anagallis
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Re: Gras in der kleinen Schorfheide in Brandenburg

Beitrag von Anagallis »

Und wenn man sich nicht auf den Fotomüll einer Netzsuche verlassen möchte, gibt es auf Flora-De und Flora Germanicasicher bestimmte Bilder guter Qualität, auf denen man alles sehen kann:

https://www.flora-germanica.de/d/?name= ... 0canescens
http://blumeninschwaben.de/Einkeimblaet ... ergras.htm

In den Pflanzenportaits der Gerüchtepädie finden sich dagegen massenweise falsch bestimmte Bilder, veraltete Namen und Artbeschreibungen und sonstiger, teils esoterischer Unfug.
Dominik
Garibaldi
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Re: Gras in der kleinen Schorfheide in Brandenburg

Beitrag von Garibaldi »

Dieses Silbergras mit den roten Blattscheiden habe ich auch schon gefunden. Das Bild ist von Mai und entstanden auf einer sandigen Binnendüne. Auf der anderen Seite gab es im Juli letzten Jahres noch vollständig ungefärbte Pflanzen. Ich denke das hängt unmittelbar mit dem Standort zusammen, es gibt auch im Juli noch Bereiche, die einigermaßen mit Wasser versorgt sind.
Dieses Silbergras ist ja eigentlich an diesen Extremstandort angepasst, aber offensichtlich zeigen selbst diese Pflanzen unter extremen Bedingungen diese Stressreaktion und bilden verstärkt Anthocyane.
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Kraichgauer
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Re: Gras in der kleinen Schorfheide in Brandenburg

Beitrag von Kraichgauer »

Derart rot ist in der Tat nicht so häufig, die Kamera hat aber auch die Farben krass überzeichnet.
Man sollte bedenken, dass rote Farbe bei Blättern oft der Hinweis auf ein Fehlen von Chlorophyll ist (siehe die Rotfärbung von Blättern im Herbst), und an Extremstandorten können die Pflanzen eben nur wenig Chlorophyll ausbilden (Magnesiummangel?). Siehe z.B. das anhängende Bild von einer Küstendüne. Wenn es der Art besser geht, dann ist sie grün.
Im Herbst vertrocknet sie dann rein hellbräunlich.

Gruß Michael
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Tina
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Re: Gras in der kleinen Schorfheide in Brandenburg

Beitrag von Tina »

Hallo zusammen,

im letzten Juni in Dänemark habe ich erst zum dritten Mal Silbergras gesehen und war auch ganz hin und weg von den Farben!

Daten: Dänemark, Blåvand, Dünen (knapp 2 km von der Küste entfernt, etwa bei 55°32'57.8"N 8°10'54.7"E), 13. Juni 2022.

Am meisten hat mich jedoch fasziniert, dass dies offensichtlich kein (anthropogen) gestörter Standort ist. Es war keinerlei Nutzung erkennbar, keine Viehhaltung, keine Mahd. Offenbar reicht allein die Nährstoffarmut des Bodens aus, dass sich diese Pionierpflanze so lange dort halten konnte? Es wuchsen dort übrigens nur (recht verstreute) Kiefern, nicht einmal Birken (hier in norddeutschen Sandheiden ja ein allgegenwärtiges "Unkraut").

Schönen Gruß,
Tina.
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