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Re: Zweiendige Blätter
Verfasst: Sa Jun 14, 2025 8:02 am
von Manfrid
Hier nochmal ein paar Varianten. Sofern im Zwickel der beiden Gabeläste nochmal eine Rhachis-Fortsetzung erscheint, macht sie den Eindruck einer Verschmelzung aus zwei Achsen. Als "Material" kämen da die untersten inneren Seitenfiedern der großen Gabeläste in Betracht...
Re: Zweiendige Blätter
Verfasst: So Jun 22, 2025 5:41 pm
von BlonBoah
Ich hätte noch eine Frage:
Manfrid hat geschrieben: Do Jun 12, 2025 10:17 am
"Für Seitenfieder braucht es ja normalerweise eine Art Knoten..." - Ja. Ein Knoten ist ja da.
Beim Fenchel scheint es mir auch so, als würden die Fiedern (1. Ordnung) aus einer Art Knoten entspringen, aber ich kenne auch einige Pflanzen mit gefiederten Blättern, wo die Fiedern sich auch manchmal ein wenig oder sogar deutlich verschieben, sodass sie quasi wechselständig sind.
Die Frage ist, ob das bei jedem gefiedertem Blatt passieren kann (da es prinzipiell einfach bis zum Grund eingeschnitten ist und das halt manchmal nicht "perfekt") oder ob es verschiedene Entstehungsmöglichenkeiten gefiederter Blätter gibt!
Liebe Grüße
Noah
Re: Zweiendige Blätter
Verfasst: Mo Jun 23, 2025 12:30 am
von Manfrid
Klar: wechselständig gefiederte Blätter gibt es ebenfalls viele. Wenn man da beim Klassiker W. Troll nachschlägt ("Vergleichende Morphologie der höheren Pflanzen"), dann kriegt man ganz klare Antworten: Wo es Troll gefällt, die paarige Anordnung als die primäre anzusehen (v. a. bei den Angiospermen), da sind halt Abweichungen davon durch verschieden starkes Wachstum der beiden Achsenseiten zu erklären. Wo aber von wechselständigen Fiedern ausgegangen werden soll (eher bei Farnen u. ä.), da sind dann paarige durch Stauchung jedes zweiten Zwischenraums herzuleiten. Woher jeweils die Auseinanderlegung eines Knotens in zwei bzw. die Zusammenlegung zweier Knoten zu einem kommt, das bleibt offen. Hauptsache, man hat überall eine eindeutige Ableitungsrichtung... Ist ja auch nicht so einfach, "rum wie num" zu denken, bzw. hochdeutsch: die Phänomene sich wechselweise beleuchten zu lassen.
Bei unserem Fenchel überwiegt zunächst die paarige Stellung der Fiedern; auch bei den Fiedern zweiter und höherer Ordnung. So kann man sie erstmal zum Ausgangspunkt der Metamorphose wählen. Spätestens, wenn man die zweiendige Blattform daraus herleiten will, muss man aber eine Auflösung von "ursprünglichen" Fiederpaaren zweiter Ordnung und Neuverpaarungen annehmen, mit Wechselständigkeit als Übergang, wie von Dominik ja schon erwähnt. Da kommt man dann theoretisch zu einem echten Ende und einem Scheinende, d. h. einer bloß vergrößerten Fieder erster Ordnung, ferner einer echten Fieder erster Ordnung an der Basis des echten Endes gegenüber einer scheinbaren Fieder erster Ordnung, die "eigentlich" eine an die Basis ihrer Tragfieder "herabgerutschte" (aus einem ursprünglichen Fiederpaar herausgelöste) Fieder zweiter Ordnung ist. Wie gesagt: theoretisch. In der Realität kann man letztlich echt und Schein gar nicht mehr unterscheiden.
Da dann auch noch theoretisch Echtes und bloß dem Echten Angeglichenes (Konvergentes) miteinander zu einer einzigen fortsetzenden Achse verschmelzen können, bietet es sich an, auch mal umgekehrt die einendige (gewohntere) Blattform aus der zweiendigen herzuleiten. Sonst ist die erstere eben nur die gewohnte und keine verstandene. Da sind dann wiederum die zunächst als sekundär entstanden angesehenen Fiederpaare als primäre anzusehen und vice versa. Wieder muss man da einen Übergang über Wechselständigkeit annehmen und findet ihn ja auch in der Wirklichkeit. Man kann also sowohl das Blattende (egal, ob einendig oder zweiendig) aus der vorangehenden (basalen) Fiederung herleiten, als auch die letztere als "zerfallenes" Blattende ansehen. Und jedes Mal sind Übergänge zwischen paariger und wechselständiger Fiederung anzunehmen...
Ich denke, auf diesem Wege lässt sich die sonst mehr zufällig erscheinende Wechselständigkeit bzw. Paarigkeit der Fiedern besser verstehen. Aber zugegeben: Es ist ein schwieriger Weg. Ich fühle mich da auch noch alles andere als sicher.
Re: Zweiendige Blätter
Verfasst: Di Jun 24, 2025 10:18 am
von BlonBoah
Hallo Manfrid,
vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort!
Die Frage ist, ob so etwas wie ein Fiederknoten überhaupt (immer) existiert, weil man ja neben dem klar gefiedertem Fenchelblatt auch Blätter hat, wo die Fiederung offensichtlich durch Abtrennung einzelner Spreitenstücke entsteht und es jeden Übergang zum ganzen Blatt gibt.
Manfrid hat geschrieben: Mo Jun 23, 2025 12:30 am
Da dann auch noch theoretisch Echtes und bloß dem Echten Angeglichenes (Konvergentes) miteinander zu einer einzigen fortsetzenden Achse verschmelzen können, bietet es sich an, auch mal umgekehrt die einendige (gewohntere) Blattform aus der zweiendigen herzuleiten.
... oder man fragt sich, ob das gefiederte Blatt die basale Form ist und das ganze Blatt daraus entstanden. Ich glaube, dass es, was die Definition von echten/ursprünglichen/basalen Organen angeht, auf dem Blickwinkel ankommt, und keine Annahme wirklich als falsch oder richtig abzustempeln ist.
Da sollte man erstmal „ursprünglich“ definieren.
Liebe Grüße
Noah
Re: Zweiendige Blätter
Verfasst: Di Jun 24, 2025 9:16 pm
von Manfrid
BlonBoah hat geschrieben: Di Jun 24, 2025 10:18 amIch glaube, dass es, was die Definition von echten/ursprünglichen/basalen Organen angeht, auf dem Blickwinkel ankommt, und keine Annahme wirklich als falsch oder richtig abzustempeln ist.
Das meine ich eben auch. Und jeder Blickwinkel zeigt dann was Neues und Interessantes. Ich finde es jedenfalls ganz reizvoll, auch mal das einendige Blatt aus dem zweiendigen herzuleiten.