Malus Sylvestris oder domestica ?

Bestimmungsanfragen für europäische Wildpflanzen.
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Immergrün
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Malus Sylvestris oder domestica ?

Beitrag von Immergrün »

Fundort:NRW
Habitat: ehemalige streuobstwiese, jetzt extensive Weide

Auf einer extensiven magerweide die zuvor als Streuobst Wiese genutzt standen zahlreiche Apfelbäume die meisten wirkten auf mich wie gewöhnliche Malus Domestica.
Hier mal ein paar Eindrücke von der Fläche:
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Andere Exemplare hatten kleinere Äpfel, welche größer waren als die von zieräpfeln aber kleiner als von den gängigen Kultur Sorten, zudem waren die Abweichler auch deutlich größer. Dieses Exemplar hier macht mich etwas stutzig auch wegen des gewundenen Stammes als hätte dort mal Ausläufer Gebildet die mit der Zeit zusammengewachsen sind:
Malus Stamm
Malus Stamm
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Malus Äpfel
Malus Äpfel
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Malus Krone
Malus Krone
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Malus Gesamt Habitus
Malus Gesamt Habitus
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Kann man einen Malus sylvestris im Winter ohne Laub überhaupt bestimmen ? Vllt ist auch einfach ein Sämling der Kulturäpfel, der etwas wilderen Habitus hat.
Kraichgauer
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Re: Malus sylvestris oder domestica ?

Beitrag von Kraichgauer »

Hallo,

1. Auf Bild 1 und 2 sind Birnbäume abgebildet. Die erkennt man ganz einfach an den bogenförmig herabhängenden Zweigen und der typischen Wuchsform.

2. Auf einer Streuobstwiese gibt es keine Wildäpfel (Malus sylvestris), schon mal gar nicht in NRW. Diese sind sehr seltene Bäume aus flussbegleitenden Feucht- und Auwäldern. Die Bestimmung ist schwierig, und im Zweifelsfall muss man Genetik heranziehen. Die Bayreuther (Feulner et al.) haben aber kürzlich geklärt, dass es die Art Malus sylvestris tatsächlich gibt.

3. Früher wurde oft der so genannte "Trierer Weinapfel" als genügsame Pfropf-Grundlage verwendet. Wenn Streuobst-Grundstücke dann vernachlässigt werden und die Bäume nicht mehr gepflegt werden, wächst oft dieser Trierer Weinapfel von unten durch. Er hat kleine, gestreifte Früchte. So was dürfte auch hier vorliegen.
Als wir für unser Streuobst-Buch im Kraichgau versuchten, "alte historische Apfelsorten" zu finden, ist uns oft dieser Trierer Weinapfel gezeigt worden. Weil seine Früchte so krutzlig sind, glauben die Leute, so was wäre eine historische Apfelsorte, weil man sich einbildet, dass historische Apfelsorten aussehen müssten wie aus dem Öko-Laden. Stimmt aber nicht.

Gruß Michael
Immergrün
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Re: Malus Sylvestris oder domestica ?

Beitrag von Immergrün »

Hallo vielen dank für die Einordnung !

1. Danke für den Hinweis bei den gesagten hatte ich auch teilweise an Birne gedacht, mir war nur bekannt das dort hauptsächlich Äpfel angebaut wurden. Dann merke ich mir den Habitus mal für die Zukunft. Fraglich wie viele Bäume aus der Zeit da noch stehen

2. das dort auf der Wiese keine urwüchsigen Sylvestris gibt, dachte ich mir. Laut der Verbreitung von Flora Web https://www.floraweb.de/webkarten/karte.html?taxnr=3582 wäre der M. sylvestris hier angeblich vorkommend. Dann gehe ich mal davon aus noch an einer anderen Einordung und man es eher als Malus agg. begreift.

3.Hätte wie gesagt, wenn überhaupt vermutet, dass es eine Unterlage oder ähnliches ausgetrieben ist bzw Hybrid. Da ich dachte das Malus Sylvestris gern als Unterlage verwenden würde. Aber das mit dem Trierer Weinapfel klingt plausibel.

Was historische Apfelsorten angeht so scheinen meine Eltern einen zu besitzen, die Äpfel schmecken so nicht besonders, aber als Saft sind sie hervorragend. Es zumindest mal jemand hier der meinte es wäre eine alte Sorte und hat sich Äpfel und Äste mitgenommen. Würde mich mal interessieren, was das für eine Sorte ist. Wo frage ich am besten nach ?
Laut einem älteren Anwohner Trug der Baum schon Äpfel als dieser Kind war, also müsste er mind. um die 100 Jahre alt sein.
Kraichgauer
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Re: Malus Sylvestris oder domestica ?

Beitrag von Kraichgauer »

Immergrün hat geschrieben: Mi Feb 12, 2025 2:39 pm Wo frage ich am besten nach ?
Das kannst Du getrost vergessen. Die Leute, die alte Apfelsorten bestimmen konnten, sind mittlerweile fast alle dahingeschieden. Und so genannte "Experten" raten auch nur dann richtig, wenn sie vorher heimlich das mitgelieferte Etikett auf dem Bäumchen kannten. Wir haben das hier bei uns ausprobiert - vier "Experten" liefern bei Blind-Bestimmungen fünf Meinungen. Und das in einem Streuobst-Hauptanbaugebiet...

Es ist ein weit verbreiteter Trugschluss, dass alte historische Apfelsorten immer murksig aussehen und schlecht schmecken. Bereits im 18. und 19. Jahrhundert gab es weit verbreitete hervorragende Sorten (man schaue sich nur das Buch von Schillers Vater aus Hohenheim an). Nur in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg wurden die Sorten im Zuge gezielter Standardisierung ganz bewusst reduziert und auf wenige (ein halbes Dutzend) beschränkt, der Rest wurde unterdrückt oder sogar verboten. Dabei fiel Geschmack oft dem Aussehen (Obst sollte haltbar, groß, farbenprächtig und glänzend, also kommerziell attraktiv sein) zum Opfer. Die "Öko-Bewegung" lief genau in die Gegenrichtung und wollte "Historisches", oder das was man sich darunter vorstellte.

Gruß Michael
Kraichgauer
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Re: Malus Sylvestris oder domestica ?

Beitrag von Kraichgauer »

Immergrün hat geschrieben: Mi Feb 12, 2025 2:39 pm Laut der Verbreitung von Flora Web https://www.floraweb.de/webkarten/karte.html?taxnr=3582 wäre der M. sylvestris hier angeblich vorkommend.
In den Verbreitungskarten von Floraweb wurden nur regionales Wissen und Meldungen auf Bundesebene aggregiert, aber nur im absoluten Ausnahmefall nochmals kritisch geprüft (wer hätte das machen sollen?). Je nach Region ist der Datenbestand von außerordentlich unterschiedlicher Qualität.
Wie ich oben schon schrieb, wurde früher der Name "Malus sylvestris" an alles drangepappt, was dornige Zweige hatte und murksig aussah. Es ist weitaus schwieriger, solche Meldungen nachträglich wieder zu töten, als sie zu generieren. Im Fall von Malus sylvestris sollte man mal hingehen und alle (!) Meldungen löschen und nur ganz gezielt diejenigen wieder reinnehmen, die genetisch bestätigt sind. Das sind die wenigsten.

Gruß Michael
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