Polygala amara agg.? -> Polygala vulgaris subsp. vulgaris

Bestimmungsanfragen für europäische Wildpflanzen.
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BlonBoah
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Polygala amara agg.? -> Polygala vulgaris subsp. vulgaris

Beitrag von BlonBoah »

Hallo zusammen,

heute habe ich im Serpentinsteinbruch in Hohenstein-Ernstthal (Sachsen) diese Kreuzblümchen gefunden.
Aufgrund der Häufigkeit tippe ich auf Polygala amarella, aber mich würde eure Meinung dazu interessieren und woran ihr eure Bestimmung festmacht.

Liebe Grüße
Noah
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Botanica
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Re: Polygala amara agg.

Beitrag von Botanica »

Hallo BlonBoah,

Polygala amarella ist das nicht. Bei dieser Art wären die Grundblätter größer als die Stengelblätter.Bei Deiner Pflanze ist es umgekehrt.

Ich kann nicht alle Merkmal e wirklich gut erkennen.
Prüfe doch bitte einmla auf Polygala vulgaris.

Viele Grüße

Harry
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Anagallis
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Re: Polygala amara agg.

Beitrag von Anagallis »

Es geht nicht um die "Grundblätter". Die fraglichen Polygala wachsen von einer zentralen Wurzel erst flach und praktisch blattlos über den Boden - oft unter Moos oder anderem Gestrüpp verborgen. Dann biegen die Triebe nach oben ab. Wo sie aus der Deckung auftauchen, sind die Internodien verkürzt, und die entstandene Struktur ähnelt einer Grundblattrosette. Das ist mal mehr oder weniger gut zu erkennen. Auch P. vulgaris/comosa können so eine Scheinrosette bilden.

Das eigentliche Bestimmungsmerkmal ist, ob die Stengelblätter groß sind, wie hier, oder nach oben hin kleiner als die unteren Blätter (P. amara agg.). Die Artengruppe erkennt man aber ganz leicht, wenn man ein Blatt zerkaut. Diese werden schnell sehr bitter (ca. 30 Sekunden). Bei den anderen Arten sind die Blätter höchstens schwach bitter.

Es bleiben hier als Kandidaten P. comosa/vulgaris. Diese lassen sich leicht an den (früh hinfälligen) Tragblättern der Blüten unterscheiden. Bei comosa sind sie schmal lanzettlich und lang und überragen daher den Knospenschopf. Bei vulgaris sind sie einförmig und kurz. Die abgebildete Pflanze ist daher P. vulgaris.

Schaue dir mal ein paar Knospenschöpfe mit der Lupe an und suche nach den Tragblättern. Auf dem Bild ist unten die Narbe eines abgefallenen Tragblatts zu sehen und oben ein noch intaktes Tragblatt:

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Dominik
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BlonBoah
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Re: Polygala amara agg.

Beitrag von BlonBoah »

Hallo Harry und Dominik,

vielen Dank für eure Antworten und vielen Dank für deine ausführliche Erklärung, Dominik!
Dann ist das also Polygala vulgaris, aber ich glaube tatsächlich, dass ich zwei Sippen vermischt habe:

Auf dem Habitus-Foto sieht man links die Pflanze aus dem Serpentinsteinbruch, die dann tatsächlich Polygala vulgaris subsp. vulgaris ist, aber die rechte ist vom Wegesrand in der Nähe der Karl-May-Höhle (siehe auch die Bilder unten)!
Bei der rechten Sippe sind die Grundblätter meines Erachtens größer (zumindest breiter) als die Stängelblätter und das Pflänzle schmeckt auch bitterer als das linke, deshalb würde ich da doch eher zum Polygala amara agg. tendieren!
Alle Blütendetail-Fotos aus dem Start-Beitrag sind übrigens von der „Serpentinsteinbruch-Sippe“.
Mein Problem war, dass ich die Blatt-Merkmale der „Karl-May-Höhlen-Sippe“, aber die Blüten-Merkmale der „Serpentinsteinbruch-Sippe“ beachtet habe, da ich dachte, das wäre die selbe Art.

Was würdet ihr zu meiner Polygala amara agg.-Vermutung zu der „Karl-May-Höhlen-Sippe“ sagen?

Liebe Grüße
Noah
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Polygala vulgaris („Serpentinsteinbruch-Sippe“)
Polygala vulgaris („Serpentinsteinbruch-Sippe“)
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Polygala amara agg.? („Karl-May-Höhlen-Sippe“)
Polygala amara agg.? („Karl-May-Höhlen-Sippe“)
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Anagallis
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Re: Polygala amara agg.

Beitrag von Anagallis »

Dieses Blattmerkmal in den Schlüsseln ist einfach blöd formuliert, und vielleicht geht es auch nicht besser. Man konzentriert sich auf archäologische Ausgrabungen irgendwelcher Grundblätter, die keine sind, und mal wie eine Rosette aussehen oder nicht. Das machen wie gesagt alle Arten mehr oder weniger häufig.

Die untere Pflanze hat aber keine Scheinrosette, und die unteren Blätter sind immer noch deutlich _kürzer_ als die oberen, bis auf dieses eine relativ große Blatt. Beim amara agg. sind die Scheinrosettenblätter lang spatelförmig und viel länger als die oberen. Die oberen sind außerdem deutlich kleiner als bei vulgaris. Deswegen ist das immer noch P. vulgaris. Die ist bloß ein bischen murksig, vielleicht aufgrund von Trockenheit.

Noch ein paar Hinweise, um das Leben einfacher zu machen: 1) Vermeide das Wort "Grundblätter". Die Pflanzen haben nur Stängelblätter, und die Scheinrosette wird aus bodennahen Stängelblättern gebildet. Diese Blätter sind aber in der Regel weit entfernt von der zentralen Wurzel. 2) Die Bitterkeit im amara agg. ist sehr stark und springt einem förmlich ins Gesicht. Wenn man Zweifel hat oder länger kauen muß, ist es keine.

Zu dumm, daß ihr weggezogen seid, sonst könnte ich Dir auf die Schnelle P. comosa/vulgaris/amarella/serpyllifolia/calcarea im Feld zeigen.

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Dominik
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BlonBoah
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Re: Polygala amara agg.

Beitrag von BlonBoah »

Hallo Dominik,
vielen Dank für deine ausführliche Rückmeldung!
Dann geht es also wirklich nur um die Länge der Scheinrosetten-Blätter.

Liebe Grüße
Noah
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