Takhtajaniantha austriaca = Scorzonera austriaca

Zeigt hier eure Pflanzenbilder, zu denen keine Bestimmung mehr benötigt wird
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Anagallis
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Takhtajaniantha austriaca = Scorzonera austriaca

Beitrag von Anagallis »

Takhtajaniantha austriaca (Willd.) Zaika et al. -- Österreichische Schwarzwurzel


Die Österreichische Schwarzwurzel kommt nur an zwei Stellen in Deutschland im Hegau und am Hochrhein vor, in insgesamt ca. weniger als fünfzig Pflanzen. Die hier gezeigte Stelle am Hegau-Standort galt bereits als erloschen und wurde vor wenigen Jahren wiederentdeckt. Wind und Nieselregen haben leider für miese Bilder gesorgt:

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IMG_8867.JPG (310.27 KiB) 290 mal betrachtet
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IMG_8869.JPG (191.3 KiB) 290 mal betrachtet
Dominik
Svampskogen
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Re: Takhtajaniantha austriaca = Scorzonera austriaca

Beitrag von Svampskogen »

Mit welcher Begründung soll die Österreichische Schwarzwurzel nicht mehr eine Scorzonera sein sondern eine Takht……..?

Sie schaut ja im Grunde wie eine Trockenmorphose von S. humilis aus! Wo die beiden Arten nebeneinander vorkommen, wie z.B. im Südtessin, muss man schon zweimal hinschauen, um sie auseinanderzuhalten…
Kraichgauer
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Re: Takhtajaniantha austriaca = Scorzonera austriaca

Beitrag von Kraichgauer »

Die frühere Gattung Scorzonera, die heutige Subtribus Scorzonerinae, ist polyphyletisch, und Tragopogon ist eingebettet. Es gäbe nur die Option, Tragopogon und Geropogon in Scorzonera sensu latissimo einzugliedern und eine unpraktische Riesengattung zu schaffen, oder Scorzonera in Einzelgattungen zu zerlegen, und dann kommt halt auch eine Gattung Takhtajaniantha heraus (Armen Takhtajan war ein bekannter Pflanzensystematiker aus Armenien, https://de.wikipedia.org/wiki/Armen_Tachtadschjan).
Andererseits hat sich die frühere Podospermum als Synonym von Scorzonera s. str. erwiesen.

So ein Dilemma (eine riesengroße, wenn auch monophyletische Monstergattung vs. genauso unpraktisch zahlreiche Splittergattungen) gibt es auch anderswo, typische Beispiele sind Thelypteris oder Selaginella bei den Farnen, Campanula (wollen wir wirklich Jasione, Asyneuma und Phyteuma in Campanula eingliedern oder anstelle dessen Campanula zerlegen?), Acacia s. l., Sorbus s. l. bzw. genauso ungelöst Stachys oder Calamintha bei den Lamiaceae.
Über die Einteilung der verschiedenen Gattungen gibt es weiterhin erhebliche Zwietracht; vor allem türkische Autoren atomisieren Scorzonera regelrecht. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Die Hoffnung einiger, dass künftig polyphyletische, aber morphologisch untereinander ähnliche Gattungen weiterhin akzeptiert werden können, ist aber vergeblich. Das Prinzip "eine Gattung muss monophyletisch sein" hat sich durchgesetzt. Auch wenn es manchmal wehtut.

Gruß Michael
Maltus
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Re: Takhtajaniantha austriaca = Scorzonera austriaca

Beitrag von Maltus »

Gratulation, Dominik!
Und auf jeden Fall bekommt "Takht…….." von mir den Preis für den am schwierigsten auszusprechenden Art-Namen!
Freundliche Grüße
Georg
P.S.: Wir basteln jeden Winter an der Aktualisierung der für unser Gebiet relevanten Nomenklatur-Liste. Nicht nur dass wir uns wie Sisyphos vorkommen, der Stein rollt, nach dem, was Michael schreibt, auch immer weiter den Berg runter ... :(
Svampskogen
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Re: Takhtajaniantha austriaca = Scorzonera austriaca

Beitrag von Svampskogen »

Danke Michael abermals für deine immer sehr interessanten Ausführungen! Ich finde es ein grosses Glück, dass du dich hier im Forum so engagierst!
Wie du schreibst, kann man über die Gattungsgrenzen aber durchaus diskutieren und eindeutig ist dies oft auch genetisch nicht. Zudem werden bislang bei solchen Studien auch nur gewisse Loci (also ein winziger Teil des ganzen Genoms) angeschaut! Ich sehe jetzt auch nicht, was das Problem einer Grossgattung Scorzonera inkl. Geropogon wäre (habe aber halt auch die Originalstudie nicht angeschaut)… man sieht doch die nahe Verwandtschaft auf einen Blick! Meiner Meinung nach ist mit diesen Kleinstgattungen niemandem gedient und es macht vieles unnötig kompliziert. Besonders wenn dann noch die Schlüssel versuchen, diese neuen Gattungen nach oft schlecht fassbaren morphologischen Kriterien aufzutrennen.
Svampskogen
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Re: Takhtajaniantha austriaca = Scorzonera austriaca

Beitrag von Svampskogen »

Und entschuldige Dominik für das Abschweifen vom eigentlichen Thema! Herzlichen Glückwunsch zu diesem Fund! Mir war gar nicht bewusst, wie selten die Österreichische Schwarzwurzel in Deutschland ist!
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Anagallis
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Re: Takhtajaniantha austriaca = Scorzonera austriaca

Beitrag von Anagallis »

Kein Grund, sich zu entschuldigen. Das gehört zum Thema, und ich interessiere mich sowieso für alles.
Dominik
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Anagallis
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Re: Takhtajaniantha austriaca = Scorzonera austriaca

Beitrag von Anagallis »

Übrigens gibt es noch eine historische Fundangabe "mit Festuca glauca auf Hauptmuschelkalkfelsen zwischen Wutachmühle und Bad Boll". Gemeint ist das "Boll" westlich der Wutachmühle. Nächstes Jahr im April könnte man vielleicht eine Suchexpedition machen. Falls jemand versteht, was ein "Hauptfelsen" sein könne, nur raus damit.

P.S.: Gemeint ist Oberer Muschelkalk, und den gibt es dort direkt im Wutachtal, also etwa zwischen diesen beiden Punkten:

https://www.openstreetmap.org/?mlat=47. ... on=8.44984
https://www.openstreetmap.org/?mlat=47. ... n=8.361315

Das ist eine Wanderung von 10 km. Vielleicht könnte man da mit zwei Autos machen.
Dominik
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botanix
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Re: Takhtajaniantha austriaca = Scorzonera austriaca

Beitrag von botanix »

Hallo,
also den Wanderweg kannst du zwar durch die Schlucht laufen, teils auch etliche Meter über der Wutach in der senkrechten Wand verlaufend, aber ob die Scorzonera dort unten oder in halber Höhe wächst? Oben auf den Felsen (Felsköpfen) läuft laut Karte kein Weg und dann wird eine Suche sehr mühsam glaube ich.
Falls es ein zugängliches Archiv alter Karten gibt (sehr detailliert sind die alten MTB bis 1950), würde ich diese mal studieren. Insbesondere wie die Wege damals verliefen. Hauptmuschelkalkfelsen hört sich für mich wie eine geologische Gesteinsformation an, daher wäre auch ein Blick in die geologische TK des Gebietes sinnvoll. Kalk ist dort nicht überall, im Bereich der Wutachversickerung bis Austritt (liegt im Suchbereich oberhalb der Wutachmühle) auf jeden Fall. Irgendwie muss das Suchgebiet noch eingeengt werden, zumal es auch noch beidseitig des Flusses liegt...[nix mit Wanderung von 10 km]
Grüße
Peter
Edit: nach Die Farn- und Blütenpflanzen BW 6:326 ist diese Fundortangabe aber sehr zweifelhaft!
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Anagallis
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Re: Takhtajaniantha austriaca = Scorzonera austriaca

Beitrag von Anagallis »

https://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71057396

Die Angabe ist nach dem Erstfund 1921 aufgetaucht und war im ersten Hegi 1929 enthalten. Die Quelle dafür konnte ich bisher nicht ausfindig machen. Möglicherweise ist es bloß ein Herbarbeleg ohne Koordinaten.
Dominik
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